Für Patientinnen und Patienten mit einem Risiko für das Entstehen chronischer Schmerzen etablieren die Deutsche Schmerzgesellschaft und die Barmer bundesweit eine neue Versorgungsform. Für Wiesbaden und Umgebung ist das Schmerz- und Palliativzentrum Wiesbaden im Facharztzentrum Medicum, Langenbeckplatz 2, Projektpartner. Ziel des medizinischen Versorgungsmodells mit dem Namen „PAIN 2020“ (Patientenorientiert. Abgestuft. Interdisziplinär. Netzwerk.) ist es, Betroffene vor einer Chronifizierung ihrer Schmerzen zu bewahren und somit zu mehr Lebensqualität zu verhelfen.
„Mit PAIN 2020 wird es eine neue, strukturierte und fachübergreifende Herangehensweise in der Behandlung von Patienten mit Schmerzen geben. Dadurch wird frühzeitig und sektorenübergreifend die am besten geeignete Therapieform aufgezeigt, damit Schmerzen im Idealfall erst gar nicht chronisch werden“, erklärt Martin Till von der Landesvertretung Hessen.
Individuell zugeschnittene Therapieform statt Ärzte-Odyssee
Die an der Diagnostik und an der Therapie beteiligten medizinischen Berufsgruppen im Wiesbadener Schmerzzentrum arbeiten von Anfang an eng zusammen. Zentrales Element ist die umfassende Untersuchung der Betroffenen in Form einer interdisziplinären multimodalen Bewertung von Ärzten, Psychologen und Physiotherapeuten, die über langjährige Erfahrungen in der Schmerztherapie verfügen. Auf Basis der jeweiligen Befunde werden individuell auf die Patienten zugeschnittene Therapien empfohlen. Unter der ärztlichen Leitung von Dr. Sabine Schneider, Jan Meier und Dr. Louise Reisner-Sénélar informiert und berät das Expertenteam die Patienten, welche Therapie am besten geeignet ist.
„Ehe Betroffene den Weg in eine Schmerzambulanz oder Schmerzpraxis finden, vergehen oft viele Jahre, in denen sie eine Vielzahl meist erfolgloser Behandlungen erhalten, so u. a. Cortison-Spritzen, Operationen und hochdosierte Opiate. Viele Patienten erleben bislang eine wahre Ärzte-Odyssee, bis ihnen endlich geholfen wird. Eine Schmerzerkrankung ist komplex und individuell und muss ganzheitlich betrachtet werden“, weiß Dr. Sabine Schneider aus langjähriger Praxiserfahrung, die sich auch als Leiterin Regionales Schmerzzentrum für die Deutsche Gesellschaft für Schmerzmedizin (DGS) engagiert.
Durch die Vernetzung der verschiedenen medizinischen Fachgebiete im Rahmen von „PAIN 2020“ soll den Patientinnen und Patienten künftig eine langjährige Ärzte-Odyssee erspart werden. „Eine interdisziplinär erarbeitete ganzheitliche Therapie erleichtert später die Weiterbehandlung von Schmerzpatienten beim Haus- oder Facharzt. Gleichzeitig erhält der weiterbehandelnde Arzt einen Ansprechpartner für später auftretende Fragen“, ergänzt Martin Till.
Schmerz-Patient ist nicht gleich Schmerz-Patient
Neben der schmerzmedizinisch fundierten Diagnostik von Risikofaktoren für das Entstehen von chronischen Schmerzen bietet „PAIN 2020“ ergänzend zur Regelversorgung zwei ambulante Therapien an. Je nach Krankheitsbild der Patienten handelt es sich entweder um eine einmalige Schulung mit Informationen zur Erkrankung und zu Methoden der Schmerzbewältigung, oder um eine umfangreichere begleitende Schmerztherapie über 30 Stunden, verteilt über zehn Wochen.
Bei „PAIN 2020“ geht es insbesondere auch darum, Betroffene im Umgang mit ihrer Erkrankung besser zu schulen und sie in die Therapie-Entscheidung einzubeziehen. Daher auch die umfassende Untersuchung der Patientinnen und Patienten in Form des interdisziplinären multimodalen Assessments.
Zielgruppe sind vor allem Menschen mit Schmerzen über einen Zeitraum von mehr als sechs Wochen oder deren Schmerzen trotz einer fachspezifischen Behandlung wiederkehren. Weiteres Kriterium kann eine aktuelle, seit vier Wochen andauernde Arbeitsunfähigkeit beziehungsweise Arbeitsunfähigkeit von mindestens sechs Wochen in den zurückliegenden zwölf Monaten sein.
Interessierten Schmerzpatienten stehen verschiedene Möglichkeiten offen, um eine mögliche Teilnahme am Projekt zu klären: Der Haus- oder Facharzt spricht eine Therapie-Empfehlung aus oder Patienten wenden sich direkt an das Zentrum. Barmer Versicherte können sich auch telefonisch beim Teledoktor (Telefon 0800 3333 500) informieren.