Frankfurt, 29. Januar 2020 – Mehr persönliche Freiheit, ein hohes Maß an Selbständigkeit, ein starkes soziales Miteinander mit familienähnlichen Strukturen – es gibt viele attraktive Merkmale, die mit neuen ambulanten Pflege-Wohnformaten in Verbindung gebracht werden. Kein Wunder also, dass zwischen häuslicher und stationärer Pflege unterschiedliche „Hybridwohnmodelle“ an Bedeutung gewonnen haben.
Dem Wunsch nach einem möglichst eigenständigen Leben kommen vor allem Pflege-WGs sehr nahe. „Aktuell haben sich etwa 700 Pflegebedürftige in Hessen für diese alternative Wohnform entschieden “, so Norbert Sudhoff, Landesgeschäftsführer der Barmer Hessen. Er beruft sich dabei auf Auswertungen seiner Kasse im jüngsten Pflegereport. „Genaue Zahlen gibt es allerdings nicht. Beunruhigend ist, dass niemand sagen kann, wie viele und welche Angebote es gibt. Es fehlt derzeit auch in Hessen an transparenten Übersichten über die Angebote vor Ort und deren Qualität. Neue Pflegewohnformen brauchen dringend Transparenz und Qualitätsmaßstäbe“, fordert Sudhoff.
Alternative Wohnformen liegen im Trend
Im Jahr 2018 waren über 260.000 Menschen in Hessen pflegebedürftig. Über 80 Prozent der Pflegebedürftigen bezogen Leistungen entsprechend der Pflegrade zwei und drei. Leben in den eigenen vier Wänden ist weiterhin die beliebteste Wohnform. Etwa 145.000 Pflegebedürftige beziehen Pflegegeld – ein Indiz dafür, dass sie ihr Leben in den eigenen vier Wänden selbst oder mit Hilfe von Angehörigen organisieren. Etwa 60.000 Pflegebedürftige werden dabei von einem Pflegedienst unterstützt, sie beziehen Pflegesachleistungen.
„Wer seine eigenen vier Wände verlässt und sich für eine alternative Pflege-Wohnform interessiert, sucht vor allem mehr Lebensqualität“, weiß Bernd Köhler vom Pflegestützpunkt Darmstadt-Dieburg. Mittlerweile gibt es diverse Wohnformen mit unterschiedlichsten Angeboten, angefangen von Seniorenwohngemeinschaften, Seniorendörfer bis hin zu Gastfamilienmodellen. „Auch als Pflegestützpunkt kennen wir die Angebote oft nicht im Detail und können Ratsuchende deshalb kaum in ihrer Entscheidung unterstützen“, berichtet Köhler aus der täglichen Praxis.
Qualität darf nicht auf der Strecke bleiben
„Das Hessische Gesetz über Betreuungs- und Pflegeleistungen (HGBP) schließt neue Wohnformen explizit aus. Die Erfassung von Pflege-WGs wird zum Beispiel ausschließlich über Pflegedienste abgebildet, die anzeigen müssen, wenn sie in einem Haushalt mehr als zwei Personen versorgen“, darauf weist Norbert Sudhoff hin. Ambulante Pflege WGs unterliegen zwar keinen Qualitätssicherungsverfahren wie stationäre Pflegeinrichtungen sind dennoch in ihrer der Finanzierung weitaus teurer. Das liegt an den zahlreichen Kombinationsmöglichkeiten aus den Leistungsangeboten der Pflege- und der Krankenversicherung.
„Neue Pflege-Wohnformen sind Modelle für die Zukunft. Wir fordern deshalb die Landesregierung auf, hier die gesetzlichen Rahmenbedingungen für Gesundheitssicherheit, Transparenz und Qualität zu schaffen, die andere Bundesländer bereits vereinbart haben“, meint der Barmer Landeschef.