Frankfurt, 4. Juli 2023 – Kinder in Hessen erhalten immer häufiger die Diagnose Adipositas. Laut Barmer Arztreport waren im Jahr 2012 rund 22.400 Kinder im Alter bis 14 Jahre krankhaft übergewichtig. Im Jahr 2021 waren es bereits 27.200, was einem Anstieg von mehr als 21 Prozent entspricht. „Während der Corona-Pandemie hat sich die ohnehin steigende Zahl der Adipositas-Diagnosen unter Kindern leider weiter vergrößert“, sagt Martin Till, Landeschef der Barmer in Hessen. Vom Jahr 2019 auf das Jahr 2021 sei die Zahl der Kinder mit einer Adipositas-Diagnose um etwa 3.600 gestiegen, ein Plus von mehr als 15 Prozent und damit eine Anstiegsrate deutlich über dem Durchschnitt der Vorjahre. „Digitaler Unterricht, Kontakt- und Sporteinschränkungen haben sicherlich die Ausbreitung des Corona-Virus gebremst. Aber auch hier gibt es keine Wirkung ohne Nebenwirkung, denn Bewegungsmangel kann Adipositas auch in jungen Jahren erheblich begünstigen“, so Till. Da schwere Folgeerkrankungen auftreten können, sei es jetzt besonders wichtig, betroffenen Kindern mit Bewegungsangeboten und Kenntnissen über Ernährung zu helfen.
Mehr Diagnosen im Vorschulalter
Mit einem Anteil von 5,6 Prozent im Jahr 2021 ist Adipositas unter den 13 bis 14-Jährigen in Hessen am stärksten verbreitet. Mehr als 6.000 Kinder in dieser Altersgruppe sind betroffen. In der größeren Altersgruppe der Sechs- bis Zwölfjährigen waren rund 14.400 Kinder adipös, was einem Anteil von 3,5 Prozent entspricht. Während unter den Sechs- bis Zwölfjährigen die Zahl der Betroffenen zwischen den Jahren 2019 und 2021 um knapp neun Prozent anstieg, legte die Zahl der Diagnosen unter Zwei- bis Fünfjährigen deutlich stärker, um rund 36 Prozent, zu. „Die Zunahme von Adipositas-Diagnosen im Vorschulalter ist beunruhigend und zeigt, dass schon in KiTa und Grundschule die Ernährungsprävention gestärkt werden sollte“, sagt Till.
Jungen im Alter von sechs bis 14 Jahre erhielten die Diagnose Adipositas zudem häufiger als Mädchen in der gleichen Altersgruppe. So waren laut Barmer-Report im Jahr 2019 rund 13.400 Jungen und 10.200 Mädchen in Hessen krankhaft übergewichtig. Im Jahr 2021 stieg die Zahl der Betroffenen auf 15.300 bei den Jungen und 11.900 bei den Mädchen. Damit nahm die Zahl der Kinder, bei denen Adipositas diagnostiziert wurde unter Mädchen um 16,6 Prozent zu, 2,6 Prozentpunkte mehr als bei den Jungen.
Zahl der Diagnosen steigt auch unter Erwachsenen
Zwischen 2012 und 2021 stieg die Zahl der insgesamt in Hessen von Adipositas betroffenen Personen um fast 32 Prozent von 482.200 auf 634.200. Am häufigsten wurde die Diagnose unter den 70- bis 79-Jährigen gestellt, rund 16 Prozent der Menschen in dieser Altersgruppe waren adipös. Unter den Erwachsenen ab 20 Jahren lag im Jahr 2021 die Zahl der betroffenen Frauen in Hessen rund 18 Prozent höher als die der Männer. „Wenn Erziehende und Kinder gleichermaßen von Adipositas betroffen sind, kann es für alle schwerer werden, etwas gegen die Erkrankung zu tun. Familien, in denen Adipositas generationenübergreifend vorkommt, sollten sich mit medizinischer Beratung eine Strategie für alle Altersgruppen in der Familie überlegen“, meint Till. Wichtig sei zudem, dass Präventions- und Hilfsangebote durch Kooperation und Förderung zu einem für alle Betroffenen erreichbaren Teil der Gesundheitsvorsorge werden.
Ernährungs- und Bewegungsinitiativen für Hessen
Mit der Ernährungsinitiative Ich kann kochen! und dem Hessischen Bewegungscheck fördert die Barmer zwei Projekte, die in Hessen zur Adipositasprävention beitragen. „Ich halte gerade die Kombination aus Bewegungsförderung und gesunder Ernährung für sehr wirksam, um einer bestehenden Adipositaserkrankung entgegenzuwirken oder sie erst gar nicht entstehen zu lassen“, meint Till. Ich kann kochen! sei Deutschlands größte Initiative für praktische Ernährungsbildung von KiTa- und Grundschulkindern und werde von der Barmer und der Sarah Wiener Stiftung durchgeführt. Von eigens ausgebildeten Pädagoginnen und Pädagogen werde KiTa und Grundschulkinder ein wertschätzender und gesunder Umgang mit Lebensmitteln gelehrt. Der Hessische Bewegungscheck ermittle mit wissenschaftlichen Testverfahren den Fitnessstand bei Grundschulkindern. Als Ergebnis erhalten Erziehende und Kinder Empfehlungen für Bewegungs- und Sportangebote in ihrer Region, die speziell zu ihrem individuellen Förderbedarf passen. Auch diese Initiative erreiche mit Unterstützung des hessischen Innen- und Kultusministeriums immer mehr Landkreise in Hessen.