Frankfurt, 30. Juni 2021 – In Hessen sank im Jahr 2020 die Zahl der Krankmeldungen deutlich. Dies zeigt die Auswertung des Barmer Gesundheitsreports. „Insgesamt gab es 2020 im Vergleich zum Vorjahr bei vielen Diagnosen eine geringere Zahl an Krankmeldungen, diese dauerten allerdings durchschnittlich deutlich länger“, sagt Martin Till, Landeschef der Barmer in Hessen. So fehlten die Hessinnen und Hessen im letzten Jahr durchschnittlich an 17,1 Tagen – im Jahresschnitt 2019 waren sie noch 17,7 Tage krankgeschrieben. Der diagnoseübergreifende Krankenstand sank von 4,86 Prozent im Jahr 2019 auf 4,7 Prozent im Jahr 2020. „Bei der durchschnittlichen Krankheitsdauer pro Person gab es zwischen 2019 und 2020 dagegen einen sehr deutlichen Anstieg von 13,6 Tagen auf 16,1 und damit um über 18 Prozent“, sagt Martin Till. Diese Entwicklung sei keinesfalls als Entwarnung zu interpretieren. Wenn eine geringere Zahl von Menschen eine längere durchschnittliche Arbeitsunfähigkeit auf sich vereine, so könne dies auf stärker chronifizierte oder schwerere Krankheitsverläufe hindeuten.
Grippewelle ist ausgeblieben
Ursächlich für den Rückgang der Krankmeldungen in Hessen ist überwiegend die rückläufige Zahl an Erkrankungen des Atmungssystems, zu denen zum Beispiel die Grippe gehört. Im Vergleich zum Jahr 2019 sank die Zahl derjenigen, die in Hessen wegen einer Atemwegserkrankung krankgeschrieben waren, im Jahr 2020 um ganze 26 Prozent. Auch Krankheiten des Verdauungssystems gingen im gleichen Zeitraum um 20 Prozent zurück. „Der Rückgang bei den Atemwegserkrankungen kann sicherlich auf die Maßnahmen zum Schutz vor einer COVID-19-Infektion zurückgeführt werden. Die AHA-L-Regeln zeigen hier ihre Wirkung“, so Martin Till. Tatsächlich trat die Grippe zu Beginn des Vorjahres nur vereinzelt auf. Ende Februar 2020 (9. KW) waren rund 400 Versicherte der Barmer in Hessen wegen Grippe krankgeschrieben. Zum Vergleich: Im gleichen Zeitraum im Jahr 2018 waren es mehr als 1.500. Seit April 2020 blieb die Zahl der Krankschreibungen aufgrund der Grippe bis zum jetzigen Zeitpunkt konstant unter 100 pro Woche – auch in den typischen Grippemonaten im Herbst und Winter. Mitte April 2021 (15. KW) war mit nur 24 Krankschreibungen pro Woche unter den hessischen Barmer Versicherten ein Tiefstand erreicht. Zwischen 2018 und 2020 war selbst der niedrigste bei der Barmer in Hessen registrierte Grippe-Krankenstand mindestens doppelt so hoch ausgefallen.
Rückgänge auch bei Arbeitsunfähigkeit durch Rückenleiden und Psyche
Sinkende Arbeitsunfähigkeitsraten gab es aber auch bei jenen Diagnosen, die nicht direkt mit dem Infektionsgeschehen in Verbindung stehen. In der Diagnosegruppe der psychischen Erkrankungen gab es im Jahr 2020 knapp 12 Prozent weniger Arbeitsunfähigkeitsfälle als im Jahr 2019. Bei den Erkrankungen des Muskel-Skelett-Systems – die häufig in der Form von Rückenleiden auftreten – konnte ein Rückgang von 11 Prozent festgestellt werden. „Es gibt keinen einheitlichen Grund für die aktuelle Entwicklung der Arbeitsunfähigkeit. Das Geschehen muss deshalb weiterhin genau beobachtet und differenziert werden. Wichtig ist, dass Krankheiten auch in der Pandemie diagnostiziert und zeitnah entsprechend behandelt werden“, ergänzt Martin Till.