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„Late Talker“ oder Sprachentwicklungsstörung?

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Frankfurt, 27. Januar 2017 -  Bei immer mehr Vorschul- und Schulkindern stellen die Ärzte Sprachentwicklungsstörungen fest. In Hessen waren im Jahr 2015 rund 11 Prozent betroffen (2011: 9 Prozent). Dies geht aus einer Auswertung der Barmer hervor.

Bundesweit diagnostizierten Mediziner im Jahr 2015 bei etwa 715.000 gesetzlich versicherten Mädchen und Jungen zwischen fünf und 14 Jahren eine Sprachentwicklungsstörung. Im Jahr 2011 waren es lediglich 648.000 Kinder. Dies entspricht einem Anstieg von mehr als zehn Prozent binnen vier Jahren. Dabei litten im Jahr 2015 mit 441.000 deutlich mehr Jungen an Sprachentwicklungsstörungen als Mädchen, von denen nur 274.000 betroffen waren.

Sprachstörungen können die Entwicklung eines Kindes beeinträchtigen oder verzögern. Je später die betroffenen Kinder Hilfe bekommen, desto wahrscheinlicher ist es, dass sie nicht einwandfrei sprechen lernen und zum Beispiel Leseschwierigkeiten entwickeln. Kinder mit Sprachentwicklungsstörungen sollten aus diesen Gründen bereits sehr früh professionelle Hilfe erhalten, wenn diese aus medizinischer Sicht tatsächlich erforderlich ist.

Sprachförderung fängt in der Familie an

Unter die sogenannten Sprachentwicklungsstörungen fallen zum Beispiel Lallen, Lispeln oder ein dem Alter entsprechend zu kleiner Wortschatz sowie ein zu geringes Sprachverständnis. Anhand klar definierter Kriterien können Eltern heute schon früh erkennen, ob ihr Kind sprachliche Defizite aufweist. Wenn es mit 24 Monaten zum Beispiel weder 50 Wörter beherrscht noch Zweiwortkombinationen bilden kann, sich in anderen Bereichen aber altersentsprechend verhält, gilt es als „Late Talker“. Zwei Drittel von ihnen zeigen Studien zufolge noch mit drei Jahren Sprachauffälligkeiten, während 16 Prozent im Einschulungsalter unter Sprachentwicklungsstörungen leiden. Eltern sollen die Sprachentwicklung ihrer Kinder von Anfang an aktiv unterstützen. Der Fernseher kann und darf die direkte Kommunikation nicht ersetzen.

Zunehmender Medienkonsum belastet die Sprachentwicklung

Nach der Analyse der Barmer wird eine Sprachentwicklungsstörung am häufigsten bei Kindern im Alter von vier bis fünf Jahren diagnostiziert. Im Jahr 2015 waren 28 Prozent der bei der Barmer versicherten Mädchen und 38 Prozent der Jungen betroffen. Der Anteil der zunächst auffälligen Kinder in dieser Altersgruppe hat in den letzten Jahren kaum zugenommen. Jedes vermeintlich betroffene Kind muss nicht automatisch therapiert werden. Denn bei vielen dieser Kinder normalisiert sich die Sprachentwicklung in den folgenden Jahren. Dennoch hat die Rate der Sprachentwicklungsstörung in der Altersgruppe der Fünf- bis 14-Jährigen deutlich zugenommen. Binnen vier Jahren ist der Anteil der Fünf- bis 14-Jährigen mit Sprachdefiziten von 9,8 auf zwölf Prozent gestiegen. Ein Grund dafür könnte im zunehmenden Medienkonsum liegen, der Kinder nicht nur in ihrer sprachlichen Entwicklung hemmen kann. Kinder müssen heute zwar auch digitale Kompetenzen aufbauen, die Nutzung digitaler Medien darf aber nicht exzessiv sein.

Sprachentwicklungsstörungen sind kein regionales Phänomen

Aus der Analyse der Barmer geht zudem hervor, dass es relativ kleine regionale Unterschiede bei Sprachdefiziten gibt. Sprachentwicklungsstörungen treten in allen Bundesländern ähnlich stark auf. Während in Bremen nur neun Prozent der fünf- bis 14-Jährigen im Jahr 2015 die Diagnose Sprachentwicklungsstörungen gestellt bekamen, waren es in Hessen 11 Prozent.

Vor allem Jungen haben Sprachprobleme

Jungen zwischen fünf und 14 Jahren leiden deutlich häufiger an Sprachentwicklungsstörungen als Mädchen. Im Jahr 2015 traf dies auf 49.830 oder 14 Prozent der männlichen und 30.920 beziehungsweise neun Prozent der weiblichen bei der Barmer versicherten Kinder zu. Dieser Geschlechtertrend zeigt sich in allen Bundesländern. Bei den hessischen Jungen lag der Anteil derer mit Sprachentwicklungsstörungen bei knapp 13 Prozent, bei den Mädchen bei 8,2 Prozent.

Wie Eltern reagieren sollten

Eltern sollten die Entwicklung ihrer Kinder gerade vom ersten bis zum dritten Lebensjahr ganz genau verfolgen. Wenn sie den Verdacht haben, dass ihr Kind die Sprache langsamer lernt als Gleichaltrige sollten sie darüber mit dem Kinderarzt sprechen. Falls es wirklich zu einer Entwicklungsverzögerung gekommen ist, ist es wichtig, diese möglichst frühzeitig zu erkennen und zu behandeln. Darüber hinaus prüft der Arzt im Rahmen der U7-Untersuchung zwischen dem 21. und dem 24. Lebensmonat, ob das Kind einfache Wörter und Sätze versteht.
Zur Klärung der Ursache kann der Kinderarzt das Hörvermögen durch einen HNO-Arzt prüfen lassen. Auch Logopäden, Psychologen, Neurologen oder andere entsprechend geschulte Experten können einbezogen werden, um die Ursachen für Sprachentwicklungsstörungen zu klären. Danach können geeignete Fördermaßnahmen geplant werden, die sich an den Ursachen der Störungen orientieren werden. Das können beispielsweise die Versorgung mit Hörgeräten oder auch eine Sprachtherapie oder Frühförderung sein.

Kontakt für die Presse:

Dr. Carlo Thielmann
Pressesprecher Barmer Hessen
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