Adipositas: bei etwa 15,5 Prozent der hessischen Bevölkerung wurde im Jahr 2013 ein krankhaftes Übergewicht (Body-Mass-Index von mindestens 30) festgestellt. Zum Vergleich: In Mecklenburg-Vorpommern sind bereits 20,6 Prozent in Hamburg dagegen nur 11,1 Prozent der Bevölkerung betroffen. Zehn Jahre zuvor sah es in Hessen auch noch besser aus: 12,6 Prozent litten unter Adipositas. Das geht aus dem aktuellen Barmer GEK Krankenhausreport hervor, der sich im Schwerpunkt diesem Thema widmet.
Der Trend zum krankhaften Übergewicht steigt aber bundesweit: Insgesamt mussten sich gut sieben Millionen Menschen im Jahr 2014 wegen Adipositas ambulant behandeln lassen und damit 14 Prozent mehr als noch im Jahr 2006. Nach zahlreich gescheiterten Diät-Versuchen entscheiden sich mittlerweile immer mehr Betroffene für einen chirurgischen Eingriff. Die Anzahl der sogenannten bariatrischen Operationen hat sich zwischen 2006 und 2014 bei den Barmer GEK Versicherten auf Bundesebene mehr als versechsfacht.
Hessen: 46 Prozent mehr bariatrische Eingriffe in fünf Jahren
Auch in Hessen entwickeln sich die Zahlen bedenklich. In hessischen Krankenhäusern stieg die Zahl der bariatrischen Operationen bei Barmer GEK Versicherten in den letzten fünf Jahren um 46 Prozent. "Ein derartiger Eingriff darf immer nur das letzte Mittel sein. Wenn eine Operation aber unvermeidlich ist, sollte sie nur in einem zertifizierten Zentrum erfolgen, da sie dort einen besonders hohen Qualitätsstandard hat und sicherer ist", rät Norbert Sudhoff, Landesgeschäftsführer der Barmer GEK.
Konkret legt der Report eine Operation in einem Zentrum nahe, das von der Deutschen Gesellschaft für Allgemein- und Viszeralchirurgie (DAGV) zertifiziert ist. Insgesamt sind das derzeit 46 Kliniken bundesweit, drei davon befinden sich in Hessen. "Die Patientensicherheit muss für uns alle oberste Priorität haben", fordert Sudhoff. Darum ist es für ihn unverständlich, dass immer mehr Krankenhäuser in Hessen adipositaschirurgische Leistungen ohne die entsprechende DAGV-Zertifizierung anbieten. 70 Prozent der bariatrischen Operationen werden zwar in drei großen hessischen Krankenhäusern durchgeführt. Die restlichen 30 Prozent dieser komplexen und risikobehafteten Eingriffe verteilen sich jährlich auf weitere 14 Krankenhäuser in Hessen mit teilweise niedrigen Fallzahlen im einstelligen Bereich.
Krankenhausplanerische Richtlinien sind auch in Hessen notwendig
"Weniger Komplikationen und ein um 15 Prozent niedriges Sterberisiko zeigen deutlich: hohe Qualitätsstandards sorgen für mehr Sicherheit“.
Mit diesen Worten verbindet Sudhoff eine deutliche Forderung an die Politik: "Wir brauchen auch für die Adipositaschirurgie klare krankenhausplanerische Richtlinien. Das Krankenhausstrukturgesetz (KHSG) bietet in Verbindung mit der hessischen Krankenhausrahmenplanung 2017 gute Ansatzmöglichkeiten, in diesem Bereich Qualitätskriterien noch stärker zum Schutz der Patientinnen und Patienten in den Mittelpunkt zu stellen."
Doch mit einer Operation ist es bei weitem nicht getan. Der Barmer GEK Landeschef fordert die hessischen Kliniken auf, mit niedergelassenen Medizinern wohnortnahe Nachsorgekonzepte zu entwickeln. "Denn die Patientinnen und Patienten brauchen nach einem Eingriff eine lebenslange, zeitlich engmaschige Nachsorge", so Sudhoff.