Die Versorgung von psychisch Erkrankten hat in Deutschland ein strukturelles Problem: Einer relativ hohen Zahl von Betroffenen (ca. 20 % der Bevölkerung) steht eine nicht optimale medizinische Versorgung gegenüber: Nicht jede psychische Erkrankung wird erkannt (Fehldiagnosen), es gibt lange Wartezeiten auf Therapieplätze und in der Folge werden u. a. schwere psychische Erkrankungen weniger geheilt als das sie voranschreiten (progressive Krankheitsverläufe). Dies führt zu einer hohen Unzufriedenheit bei Patienten und Angehörigen.
Die wesentlichen Ursachen hierfür sind eine fehlende sektorenübergreifende Zusammenarbeit, Steuerung und Koordination. Vor allem fehlt die Schnittstelle zum Hausarzt. Es gibt keine Standardisierung bei der Diagnostik und der Indikationsstellung (in allen Versorgungsbereichen, sowohl bei Erst- als auch bei Folgekontakten) und es gibt keine Akutbehandlung im häuslichen Umfeld. Hinzu kommt eine unzureichende Anwendung von evidenzbasierten Behandlungsmethoden (vor allem bzgl. schwerer psychischer Erkrankungen).
Neue Versorgungsformen
Aus Mitteln des Innovationsfonds soll jetzt im Bereich „Neue Versorgungsformen“ ein integriertes Versorgungsmodell eingeführt werden. Mit dem Projekt „RECOVER“ soll die Versorgung von Menschen mit psychischen Erkrankungen verbessert werden. Unter Führung des Universitätsklinikums Hamburg-Eppendorf und in Kooperation mit der Barmer und weiteren Partnern ist die Umsetzung in Planung. Die Fördersumme des Bundes beträgt 6,8 Millionen Euro.
Regional übergreifend
Beispielhaft für Deutschland soll ein Modell der sektorenübergreifend-koordinierten, schweregradgestuften, evidenzbasierten Versorgung psychischer Erkrankungen implementiert und erprobt werden. Es wird sowohl in der großstädtischen Region Hamburg als auch in einer Transferphase in der ländlich-kleinstädtischen Region des Kreises Steinburg im schleswig-holsteinischen Itzehoe durchgeführt.
Behandlungsqualität und Effizienz verbessern
Das übergreifende Ziel besteht darin, im Rahmen der Regelversorgung und bestehender Selektivverträge die Behandlungsqualität und Effizienz zu verbessern. Dies wird durch eine bessere sektorenübergreifende Zusammenarbeit, Steuerung und Koordination erreicht, die zu einer systematischen und evidenzbasierten Ergänzung des Versorgungssystems führt.
Versorgungsziele
Das Versorgungsziel für Patienten und Angehörige ist eine vom Schweregrad unabhängige höhere Chance auf schnelle und umfassende Gesundung (RECOVERY).
Das Versorgungsziel für das Gesundheitssystem ist die Verfügbarkeit eines Referenzmodells, das modernste Therapieansätze integriert und für alle Leistungserbringer Anreizsysteme setzt, sich an der Umstrukturierung hin zu einer evidenzbasierten, wohnortnahen und gesellschaftlich eingebundenen Versorgung aktiv zu beteiligen.
RECOVER wird eine neue Versorgungsform einführen und erproben, welche die Regelversorgung durch evidenzbasierte und innovative Maßnahmenpakete ergänzt und sinnvoll miteinander verbindet. Dieses RECOVER-Modell ist einvernehmlich von Repräsentanten aller Versorgungsträger im Vorfeld definiert worden.
Abbildung: Das RECOVER-Modell der sektorenübergreifend- koordinierten, schwergradgestuften, evidenzbasierten Versorgung