Zum Jahreswechsel tritt das Pflegestärkungsgesetz II in Kraft und krempelt die Einstufung der Pflegebedürftigkeit von Millionen Pflegebedürftigen komplett um. Aus den heute drei Pflegestufen werden ab nächstem Jahr fünf Pflegegrade.
Aktuell orientiert sich die Beurteilung der Pflegebedürftigkeit vor allem an den körperlichen Einschränkungen des Betroffenen. Neu ist, dass geistige und psychische Beeinträchtigungen eine größere Rolle spielen werden, also etwa die Abhängigkeit von Helfern im Alltag. Davon profitieren vor allem Kranke, die körperlich fit sind, aber bei täglichen Dingen wie Waschen, Zähneputzen und Anziehen Hilfe brauchen. „Für Menschen mit Demenzerkrankung ist das eine wesentliche Verbesserung“, sagt Frank Liedtke, Landesgeschäftsführer der Barmer GEK Hamburg.
Schluss mit der "Minuten-Pflege"
Bisher orientierten sich die Pflegestufen am Zeitaufwand der Hilfe. Zukünftig ist der Grad der Selbständigkeit der neue Maßstab. Wie selbstständig eine Person ist, wird vom Medizinische Dienst der Krankenversicherung (MDK) oder unabhängigen Gutachterinnen bzw. Gutachtern ermittelt. Sechs Lebensbereiche werden dabei gesondert unter die Lupe genommen: Mobilität, Selbstversorgung, Bewältigung von krankheits‑ oder therapiebedingten Anforderungen und Belastungen sowie der selbstständige Umgang damit. Weiter werden die kognitiven und kommunikativen Fähigkeiten, Verhaltensweisen und psychische Problemlagen berücksichtigt. Auch wird geschaut wie das Alltagsleben des Pflegebedürftigen gestaltet ist und ob soziale Kontakte bestehen. Unter der Berücksichtigung aller Fähigkeiten und Beeinträchtigungen erfolgt eine Zuordnung zu einem der neuen fünf Pflegegrade.
Einheitlicher Eigenanteil im Pflegeheim
Derzeit hängt die Höhe des Eigenanteils in stationären Einrichtungen von der Pflegestufe ab. Künftig wird es einheitliche Eigenanteile in den Pflegeheimen geben. Das bedeutet, dass sich bei erhöhter Pflegebedürftigkeit und einem höheren Pflegegrad nicht mehr automatisch der Eigenanteil erhöht. Damit wird für die Pflegebedürftigen und ihre Familien zukünftig eine bessere Planbarkeit der finanziellen Belastung gewährleistet.
Für Versicherte, die zum Zeitpunkt der Umstellung bereits in einem Pflegeheim wohnen und in einer niedrigen Pflegestufe eingestuft sind, greift eine Übergangsregelung, die verhindert, dass sich nach der neuen Regelung der Eigenanteil erhöht. In diesen Fällen zahlt die Pflegekasse den Differenzbetrag direkt ans Pflegeheim.
Es sind allerdings Fälle vorgekommen, bei denen das Pflegeheim die Pflegebedürftigen "überrede“, noch dieses Jahr eine höhere Pflegestufe zu beantragen, sich beispielsweise von Stufe I auf II oder von II auf III höherstufen zu lassen. „Dadurch müssen die Patienten dann sofort auch einen höheren Eigenanteil zur Finanzierung des Heimplatzes zahlen“ erläutert Frank Liedtke. „Besteht keine absolute Notwendigkeit für eine Höherstufung noch in diesem Jahr, sollten die Pflegebedürftigen besser abwarten", so Liedtke weiter.
Alles über die neuen Pflegebedürftigkeitsgrade und die Änderungen im Überblick haben wir in einem Info-Blatt zusammengestellt.
Pflege-Wissen von A-Z: www.pflegestaerkungsgesetz.de