Hamburg, 2. Juni 2017 – Der Pflegeberuf genießt in der Gesellschaft ein hohes Ansehen. Bei den angesehensten Berufen in Deutschland rangiert er auf Platz drei (hinter den Feuerwehrleuten (1) und den Ärzten (2)). Dennoch kann der Bedarf an Pflegefachkräften heute schon nicht gedeckt werden. Auf ihrer gestrigen Pflegeveranstaltung hat die Barmer mit Pflege-Experten darüber diskutiert, wie sich Hamburg auf die Herausforderungen in der Pflege vorbereitet.
Gesundheitssenatorin Cornelia Prüfer-Storcks machte deutlich, dass man auf Dauer nur dann genügend Altenpflege-Fachkräfte gewinnen könne, wenn es gelingt, die Lücke zur Bezahlung in der Krankenpflege zu schließen. Die Reform der Pflegeausbildung müsse dazu einen wichtigen Beitrag leisten. Die generalistische Pflegeausbildung hält sie für den richtigen Weg.
„Es muss gelingen, die Pflege von alten Menschen insgesamt attraktiver zu machen. Da sind nicht nur der finanzielle Anreize, sondern auch Arbeitszeitmodelle und bessere technische Unterstützung gefordert“, ist sich Frank Liedtke, Landesgeschäftsführer der Barmer in Hamburg, sicher.
Prof. Dr. Heinz Rothgang, Pflegeexperte der Universität Bremen, machte deutlich, dass das junge Hamburg im Vergleich zur Uckermark den demografischen Wandel noch nicht spüre. Dennoch müsse jetzt gehandelt werden, denn in den nächsten 15 Jahren werden 5.000 Pflegekräfte fehlen, um das aktuelle Niveau aufrecht zu halten. Bis 2050 muss sich der Anteil der Pflegekräfte unter den Erwerbstätigen sogar verdoppeln. Neben professioneller Pflege wird zunehmend auch Angehörigenpflege notwendig sein.
Hilke Stein (ver.di) forderte einen höheren gewerkschaftlichen Organisationsgrad in kleineren Pflegeeinheiten, die deutlich schlechter aufgestellt seien als größere. Dies bestätigte Henning Schweer von Pflegen und Wohnen, dem größten Hamburger Alten- und Pflegeheimbetreiber, bei dem es einen guten Tarifvertrag gibt, der sogar anonyme psychologische Coachings für Mitarbeiter anbietet.
Joachim Prölß (UKE) sprach sich ebenfalls für die Generalistik in der Pflegeausbildung aus – schließlich müssten im Krankenhaus auch alte Menschen versorgt werden. Mit einer breiteren Aufstellung könne später auch besser zwischen den Bereichen gewechselt werden. Fachliche Weiterbildungen hält er allerdings für unabdingbar.
Ulrike Petersen (STATTBAU HAMBURG) zeigte Möglichkeiten für eine bessere Vor-Ort-Versorgung am Beispiel von Wohn-Pflege-Gemeinschaften auf. Im ambulanten Bereich leben darin rund zehn Personen in einer Art Wohngemeinschaft zusammen, die u. a. selbstbestimmt ihren Pflegedienst auswählen.
Martin Sielaff (Hamburgische Pflegegesellschaft) machte deutlich, dass es in der Pflegeversicherung ein Teilkasko-System gibt, die Menschen aber die Erwartungen wie an ein Vollkasko-System haben, das sie aus der Krankenversicherung gewohnt seien.
Als Resümee des Abends fasst Frank Liedtke zusammen, „dass die demografische Situation es erforderlich machen wird, dass pflegende Angehörige eine sehr viel größere Bedeutung bekommen, als wir uns das heute noch vorstellen können. Denn am Ende des Tages wollen alle das eine: eine gute und sichere Versorgung der alten und pflegebedürftigen Mitglieder unserer Gesellschaft.“