Hamburg, 25. Juli 2017 - Die Ausgaben für onkologische Arzneimittel in der ambulanten Versorgung sind innerhalb von fünf Jahren um 41 Prozent gestiegen. Das geht aus dem aktuellen Arzneimittelreport der Barmer hervor. Sie übertreffen damit deutlich die Kostensteigerung für alle anderen Arzneimittel (ohne Rezepturen), die um 20 Prozent wuchsen. Und dieser Trend setzt sich dynamisch fort. So haben sich beispielsweise die Therapiekosten zur medikamentösen Behandlung von Patienten mit Hautkrebs in fünf Jahren fast verneunfacht (von 1.309 auf 11.411 Euro).
Mehr als 90 Prozent der Ausgabensteigerungen für onkologische Arzneitherapien entstehen durch höhere Herstellerpreise. „Wir müssen darüber sprechen, ob die Preise für Krebsmedikamente in Deutschland noch zu rechtfertigen sind. Denn die Debatte, ob wir uns manche Therapien noch leisten können, müssen wir unter allen Umständen vermeiden“, sagt Frank Liedtke, Landesgeschäftsführer der Barmer in Hamburg.
In Deutschland werden im europäischen Vergleich Höchstpreise gezahlt
Die Autoren des Reports haben die Kosten von 31 onkologischen Arzneimitteln in Europa, Australien und Neuseeland verglichen. Demnach ist Deutschland führend. Bei 90 Prozent (28 von 31) liegen die Preise hier über dem Median, acht der 31 Krebsmedikamente (26 Prozent) kosteten sogar am meisten. „Es ist offensichtlich, dass sich der Preis nicht am Nutzen des Arzneimittels, sondern an der Zahlungsfähigkeit und der Zahlungsbereitschaft der verschiedenen Länder orientiert. Hier besteht Nachbesserungsbedarf“, merkt Frank Liedtke an.
Zehn Millionen Euro pro Jahr für weggeworfene Arzneimittel
Aus den Reportergebnissen wird zudem deutlich, dass in der gesetzlichen Krankenversicherung jedes Jahr erhebliche Kosten für Arzneimittel in der onkologischen Behandlung anfallen, die kein Patient erhalten hat. Gemeint sind Restmengen (sogenannte Verwürfe), die bei der Herstellung der Zytostatika-Rezepturen anfallen. Allein bei den Barmer-Versicherten sind im Jahr 2015 zehn Millionen Euro für ungenutzt weggeworfene Arzneimittel ausgegeben worden.
Verwürfe fallen je nach Packungsgröße, rezeptierter Wirkstoffmenge und Haltbarkeit des Wirkstoffes an. „Offenbar versuchen einige Pharmafirmen über Verwürfe ihren Gewinn zu maximieren, indem sie praxistaugliche Packungsgrößen mit Einzeldosierungen vom Markt nehmen und durch größere Packungen ersetzen. Auch die tatsächliche Haltbarkeit angebrochener onkologischer Arzneimittelstammlösungen scheint verschwiegen zu werden“, erläutert Frank Liedtke.
„Praxistaugliche Einzeldosisstärken sollten direkt mit der Zulassung verknüpft werden. Ebenso sollten Untersuchungen zur Haltbarkeit für die Pharmafirmen verpflichtend sein. Aktuell werden die Kosten dieser Untersuchungen unter anderem von den Kassen bezahlt“, so Liedtke weiter.