Ältere Arbeitnehmer werden zwar nicht deutlich öfter krank als jüngere, doch wenn es sie erwischt, sind sie wesentlich länger arbeitsunfähig und zwar fast dreimal so lange. Das ist eines der Ergebnisse des Gesundheitsreports 2015, den die Barmer GEK jetzt für Hamburg vorgestellt hat. "Die Zahl der älteren Beschäftigten wird in der Zukunft deutlich steigen, was die Unternehmen vor große Herausforderungen stellt", beschreibt Frank Liedtke, Landesgeschäftsführer der Barmer GEK Hamburg. Während 2015 rund 72.000 (7,2 Prozent) aller Erwerbspersonen in der Freien und Hansestadt 60 Jahre oder älter waren, werden es 2030 schon 128.000 (13 Prozent) sein. Die Gesamtzahl der Erwerbspersonen steigt bis 2030 ebenfalls an, sinkt dann aber deutlich, während die Zahl älterer Arbeitnehmer weiter steigt. "Die Arbeitnehmer werden immer älter und fallen bei Krankheit länger aus. Dadurch wird es vermehrt zu Fehlzeiten kommen", so Liedtke. Arbeitgeber müssten schon jetzt Arbeitsplätze so gestalten, dass auch ältere Mitarbeiter langfristig arbeitsfähig bleiben. Vor dem Hintergrund sinkender Erwerbspersonenzahlen spitze sich der Fachkräftemangel sonst weiter zu.
Anstieg altersbedingter Erkrankungen
Die Menschen werden nicht nur immer älter, parallel dazu steigt auch die Zahl chronischer und altersbedingter Erkrankungen sprunghaft an. Bis zum Jahr 2030 gibt es einen Anstieg bei zum Beispiel:
Bis 2030 nehmen einige Alterskrankheiten rapide zu.
"Wir müssen schon früh versuchen, dieser Entwicklung durch Präventionsmaßnahmen entgegenzuwirken, um die Fehlzeiten im Rahmen zu halten", erklärt Landesgeschäftsführer Liedtke. Das müsse in den verschiedensten Lebenswelten geschehen, so auch am Arbeitsplatz.
Gesetz stärkt Prävention in Betrieben
Die Barmer GEK unterstützt Unternehmen schon seit Jahren durch verschiedene Maßnahmen im Bereich des Betrieblichen Gesundheitsmanagements bei der Gesundheitsförderung ihrer Mitarbeiter. Ein Beispiel ist das "Haus der Arbeitsfähigkeit". "Demografischer Wandel geht nicht ohne die Zunahme der Arbeitsunfähigkeitszeiten. Eine Vorwurfshaltung, die die Angst vor Entlassung schürt, ist kein Gesundheitsförderer", sagt Arbeitsmediziner Dr. Jürgen Tempel, lange Jahre Betriebsarzt bei den Verkehrsbetrieben Hamburg-Holstein. Er hat das ursprünglich finnische Modell "Haus der Arbeit" in Deutschland mit umgesetzt. "Arbeitgeber müssen sich branchenübergreifend eher die Frage stellen, wie sie langfristig ihre alternde Belegschaft halten können", so Tempel. Wie wichtig Gesundheitsförderung am Arbeitsplatz ist, hat nun auch die Politik erkannt. Das Präventionsgesetz verpflichtet gesetzliche Krankenkassen dazu, zwei Euro pro Versicherten in betriebliches Gesundheitsmanagement zu investieren. "Gesundheitsförderung in Unternehmen ist wichtig, aber Prävention ist eine gesamtgesellschaftliche Aufgabe", betont Liedtke. Die vom Gesetzgeber festgelegte einseitige Finanzierung durch die Sozialversicherungsträger sei nicht sachgerecht.
Verzögerte demografische Entwicklung in Hamburg
Hamburg ist aus demografischer Sicht der "Jungbrunnen" der Bundesrepublik. Die Stadt altert deutlich langsamer und wird bis mindestens 2040 bundesweit die wenigstens Menschen im Alter von 65 Jahren und älter haben. Doch aufgehalten wird die demografische Entwicklung durch diesen Trend natürlich auch in Hamburg nicht. Heute kommen 100 Erwerbstätige für 29 Ruheständler auf, 2030 werden es 38 sein, 2040 dann schon 48. Zum Vergleich: In Brandenburg sind es 39 und dann 70 (2030) und 81 (2040).
In Hamburg leben deutlich weniger 65-Jährige und Ältere als im bundesdeutschen Durchschnitt.
Überblick Krankenstand, AU-Tage und Erkrankungen
Die Hamburgerinnen und Hamburger waren im Jahr 2014 etwas öfter und etwas länger krank als noch im Vorjahr. Der Krankenstand lag bei 4,42 Prozent, an einem durchschnittlichen Kalendertag des Jahres 2014 waren also von 1.000 Beschäftigten etwa 44 arbeitsunfähig. Das entspricht etwa 16,1 Arbeitsunfähigkeitstagen pro Erwerbsperson. Hamburg liegt damit unter dem Bundesdurchschnitt.
Der Anstieg der Fehlzeiten ist in Hamburg eine Folge von längeren Krankschreibungen bei Krankheiten des Muskel-Skelett-Systems. Diese wurden aber vom Rückgang der Fehlzeiten bei Atemwegserkrankungen kompensiert.
Auf die vier relevantesten Krankheitsarten entfielen in Hamburg 2014 insgesamt 68,2 Prozent und damit mehr als zwei Drittel der Fehlzeiten: 25,1 Prozent wegen psychischer Störungen, 20,8 Prozent wegen Erkrankungen des Muskel-Skelett-Systems, 11,8 Prozent wegen Atemwegserkrankungen und 10,4 Prozent wegen Verletzungen.
Welche Diagnosen zu den meisten Fehlzeiten führen.