Hamburg, 9. September 2024 – Mindestens jede fünfte Operation in der Stadt könnte ambulant statt stationär erfolgen. Damit würden unnötige Krankenhausaufenthalte für Patientinnen und Patienten vermieden und es wäre zudem ressourcenschonend für das Gesundheitssystem. Das ist das Ergebnis einer Analyse im Versorgungskompass des Barmer Instituts für Gesundheitssystemforschung (bifg). Aufgrund des medizinischen Fortschritts können immer mehr Operationen ambulant in einer Facharztpraxis oder im Krankenhaus erfolgen, anstatt an einen Krankenhausaufenthalt gekoppelt zu sein. Das Ambulantisierungspotenzial lag der Analyse zufolge im vierten Quartal des Jahres 2022 in Hamburg bei 21,4 Prozent. Bei Frauen im Alter von 40 bis 59 Jahren hätte sogar jeder dritte stationär erfolgte Eingriff ambulant stattfinden können. „Krankenhausaufenthalte sind für manche Patientinnen und Patienten mit großen Belastungen verbunden. Studien belegen außerdem, dass sich Patienten im eigenen Zuhause oftmals schneller und komplikationsloser erholen. Das sind gute Gründe dafür, mehr ambulant zu operieren“, sagt Dr. Susanne Klein, Landesgeschäftsführerin der Barmer in Hamburg. Zudem bänden stationäre Aufenthalte viel Personal. „Vor dem Hintergrund des Fachkräftemangels sollten wir die knappen
Personalressourcen im Krankenhaus möglichst effektiv einsetzen“, so Klein. Von mehr ambulanten Operationen profitierten alle Seiten durch weniger Belastungen für Patienten, mehr Ressourcen für die Leistungserbringer und redu-zierten Kosten in der Gesetzlichen Krankenversicherung.
Mehr als 50.000 Krankenhausbehandlungen auch ambulant möglich
Der sogenannte Katalog „Ambulant durchführbarer Operationen, sonstiger stationsersetzender Eingriffe und Behandlungen“ (AOP-Katalog) listet Behandlungen, die gleichsam ambulant oder stationär erfolgen können. Beispiele daraus seien Leistenbruch-OPs oder auch die Entfernung der Rachenmandeln (Polypen). Außer dem AOP-Katalog wurden für die Analyse im Versorgungskompass auch weitere potenziell ambulantisierbare Operationen aus dem sogenannten IGES-Gutachten herangezogen. „Basis der bifg-Analyse bilden alle somatischen Krankenhausfälle in Hamburg mit Ausnahme von Geburten, da hier Wahlfreiheit herrscht“, sagt Klein. Demnach habe es in Hamburg im Jahr 2022 rund 272.000 Krankenhausbehandlungen gegeben. Das Ambulantisierungspotenzial, also der Anteil der Fälle, die entweder im AOP-Katalog oder IGES-Gutachten zu finden sind und bei denen keine ersichtlichen Risikofaktoren wie hohes Patientenalter oder eine Begleiterkrankung einen stationären Aufenthalt erforderlich machten, habe bei 20 Prozent gelegen. Folglich hätten in der Stadt mindestens 50.000 stationäre Eingriffe auch ambulant erfolgen können. „Wenn mehrere zehntausend Krankenhausbehandlungen umgeleitet werden können, bekommt man eine Vorstellung davon, wie viel Personal dadurch für andere vollstationäre Behandlungen eingesetzt werden könnte“, so Klein. Im Rahmen der Krankenhausreform müsse genau in den Blick genommen werden, welche Standorte unverzichtbar seien und welche wichtige Funktionen als regionale Versorgungszentren mit einem Schwerpunkt für ambulante Operationen übernehmen könnten.