Pressemitteilung aus Hamburg

Barmer Arzneimittelreport 2023: Schmerzmitteltherapie oft unnötig riskant

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Hamburg, 4. Dezember 2023 – Viele Menschen in der Stadt bekommen häufig für sie ungeeignete Schmerzmittel verordnet. Das geht aus dem Arzneimittelreport 2023 der Barmer hervor. Dieser untersucht die medikamentöse Schmerztherapie von ambulant behandelten Barmer-Versicherten ab 18 Jahren ohne Tumordiagnose. Demnach hat in Hamburg knapp jede dritte Frau und etwa jeder vierte Mann dieser Gruppe im Jahr 2021 mindestens ein Schmerzmedikament ambulant verordnet bekommen. Hochgerechnet entspricht das gut 380.000 Menschen in der Stadt. Allerdings bekamen etwa 6.800 Versicherten trotz Herzinsuffizienz nicht-steroidale Antirheumatika (NSAR) wie Ibuprofen oder Diclofenac verschrieben. Dabei raten medizinische Leitlinien davon ab, weil auch ein nur kurzer Einsatz von Schmerzmedikamenten die Herzleistung deutlich verschlechtern kann. Dadurch könnten die Zahl der Krankenhausaufenthalte sowie das Sterberisiko steigen. „Die Kombination vermeintlich harmloser Schmerzmittel kann fatale Folgen haben. Die meist von mehreren Ärztinnen und Ärzten verordnete Therapie ist ohne digitale Unterstützung kaum mehr überschaubar“, sagt Dr. Susanne Klein, Landesgeschäftsführerin der Barmer in Hamburg. In der Arzneimitteltherapie sei der konsequente und verbindliche Einsatz digitaler Helfer alternativlos, um den Überblick über die Gesamtmedikation sowie alle Neben- und Wechselwirkungen zu behalten.

Riskante Medikamenten-Kombinationen gerade bei Älteren

Der Arzneimittelreport zeigt auch, dass Frauen in Hamburg über alle Altersgruppen hinweg häufiger als Männer Schmerzmittel-Verordnungen erhalten. Darüber hinaus ist die Verordnungshäufigkeit von Schmerzmitteln deutlich altersabhängig. Bei Versicherten von 18 bis 64 Jahren hat etwa jeder Vierte, bei den Versicherten ab 80 Jahren dagegen knapp jeder Zweite eine entsprechende Verordnung bekommen. Insbesondere bei den hochbetagten Menschen kann dies schnell zu Problemen führen. So sollten Betroffene mit eingeschränkter Nierenfunktion NSAR nicht einnehmen, weil diese zu plötzlichem Nierenversagen führen können. Aus dem Arzneimittelreport geht allerdings hervor, dass der Anteil an Patientinnen und Patienten mit Niereninsuffizienz, die nicht-opioide Schmerzmittel einnehmen, in der Altersgruppe der 80-Jährigen 30-mal höher ist als bei den Unter-65-Jährigen. Dabei bildet der Report das tatsächliche Ausmaß der Schmerzmitteleinnahme nicht komplett ab, weil Schmerzmittel wie Ibuprofen oder Diclofenac auch rezeptfrei erhältlich sind. In diesen Fällen fehlt der Ärztin oder dem Arzt in aller Regel die Kenntnis der Medikamenteneinnahme, da Patienten häufig nicht berichten, dass sie rezeptfreie Präparate einnehmen. „Risiken der Selbstmedikation dürfen gerade bei Schmerzmitteln nicht unterschätzt werden. Sichere Selbstmedikation ist daher ein wichtiges Thema, bei dem die Barmer im Rahmen ihrer elektronischen Patientenakte eCare ihre Versicherten patientenspezifisch unterstützt“, so Klein. Zur Vermeidung nicht zu empfehlender Verordnungen und besonders gefährlicher Kombinationen könne digitale Unterstützung eine wirksame Hilfe sein, wie das Innovationsfondsprojekt AdAM gezeigt hat. Bei AdAM erhielten die Hausärztin oder der Hausarzt nicht nur Informationen zur medizinischen Vorgeschichte ihrer Patienten, sondern auch Hinweise auf vermeidbare Risiken der Arzneimitteltherapie wie Wechselwirkungen. Wenn es in die Regelversorgung komme, könne AdAM jedes Jahr bis zu 70.000 Menschen das Leben retten.

Therapie mit starken Schmerzmitteln in drei von zehn Fällen fehlerhaft

Wie aus dem Barmer Arzneimittelreport weiter hervorgeht, gibt es auch bei der Opioid-Therapie tausender Patienten vermeidbare Fehler beim Einsatz von Medikamenten. „Im Jahr 2021 bekamen in Hamburg hochgerechnet knapp 49.000 Versicherte ohne Tumorerkrankung ein Opioid verordnet. Dies sind sehr starke Schmerzmittel wie zum Beispiel Morphin. Drei von zehn Betroffenen erhielten parallel dazu kein Abführmittel, wie es medizinische Leitlinien vorsehen. Dadurch verfünffacht sich das Risiko für einen Darmverschluss. Fünf von 10.000 Patienten mit einer Opioid-Therapie müssen jedes Jahr wegen dieser Komplikation ins Krankenhaus. Das wäre vermeidbar, wenn Abführmittel bereits vorsorglich verordnet und eingenommen würden“, sagt Klein. Beim Einsatz von sehr starken Schmerzmitteln gebe es weitere Risiken. So sollten Opioide nicht zusammen mit Beruhigungsmitteln, sogenannten Tranquilizern, angewendet werden. Sonst drohe die Gefahr schwerer Nebenwirkungen bis hin zu vermehrten Todesfällen. Dennoch habe etwa jeder zehnte Versicherte mit einer Opioidverordnung entgegen der Leitlinienempfehlungen zugleich ein Beruhigungsmittel erhalten. Diese Patientengefährdung sei vermeidbar. Leitlinien zur Diagnose und Behandlung von Schmerzerkrankungen insbesondere im Alter zu kennen, sei Voraussetzung für eine wirksame und sichere Schmerztherapie. 

Pressekontakt:

Mareike Rehberg-Sossidi
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