Antibiotika galten seit ihrer Entdeckung vor über 70 Jahren als Wunderwaffe gegen bakterielle Infektionen und zählen zu den weltweit am häufigsten verschriebenen Medikamenten. Sie gehörten zu den umsatzstärksten Wirkstoffgruppen der ambulanten GKV-Arzneimittelverordnungen.
Antibiotika – Segen und Fluch zugleich
Die Anwendung von Antibiotika beinhaltet allerdings auch Risiken. Werden diese Arzneimittel zu oft oder unsachgemäß angewandt, begünstigt das die Entstehung und Verbreitung von resistenten Erregern. Eine Antibiotikaresistenz liegt vor, wenn Bakterien sich so verändern, dass sie die Wirkung von Antibiotika abschwächen oder vollständig aufheben. Liegt eine Resistenz gegen mehrere Antibiotika-Gruppen vor, handelt es sich um multiresistente Erreger (MRE).
In Deutschland werden die meisten Antibiotika im ambulanten Bereich verordnet (85 Prozent) und dort überwiegend durch Hausärzte, der Anteil des Klinik-Verbrauchs beträgt ca. 15 Prozent. In ärztlichen Praxen wurden 2014 etwa 39 Millionen Antibiotika-Rezepte ausgestellt. Davon 550.480 Antibiotikarezepte in Hamburg.
Hauptindikation für eine Antibiotika-Therapie im ambulanten Bereich bleiben laut Arzneimittelverordnungsreport (AVR 2015) Atemwegsinfekte. Dabei ist wichtig, dass im Unterschied zu Lungenentzündungen akute Atemwegsinfekte, z. B. Bronchitis, in mehr als 90 Prozent der Fälle von Viren ausgelöst werden, für deren Behandlung keine primäre Indikation für eine Antibiotika-Therapie besteht.
Im Vergleich zu den anderen Bundesländern liegt die Zahl der Verordnungen von Antibiotika in Hamburg im Mittelfeld. Eine aktuelle Auswertung zur ambulanten Versorgung, die durch den MDK Nord auf der Basis von Daten aller gesetzlichen Krankenkassen in Hamburg erstellt wurde, gibt Hinweise darauf, dass auch in Hamburg weiterhin Handlungsbedarf hinsichtlich zielgerichteter Antibiotikaverordnungen besteht.
Aufklärung notwendig - Strategie- und Maßnahmenplan
Patientinnen und Patienten sind häufig fehlinformiert über den Antibiotika-Einsatz, fordern diesen auch in unpassenden Fällen. Die Folge sind immer wieder Diskussionen in der Praxis.
Die Hamburger Landeskonferenz für gesundheitliche und pflegerische Versorgung hat unter Leitung der Behörde für Gesundheit und Verbraucherschutz und Mitwirkung der Kassenärztlichen Vereinigung Hamburg einen Strategie- und Maßnahmenplan entwickelt, damit unnötige Antibiotikaverordnungen möglichst vermieden werden und die Wirksamkeit von Antibiotika erhalten bleibt. Zu den Maßnahmen gehört auch ein Info-Zettel, der im Patientengespräch unterstützend eingesetzt werden kann. Darauf enthalten sind zentrale Informationen und Angaben zu weiteren Informationsquellen zur Wirksamkeit von Antibiotika.
Info-Material
Viele Migrantinnen und Migranten sind aus ihren Herkunftsländern einen anderen Umgang mit Antibiotika gewohnt. Auf der Homepage der KV Hamburg gibt es die Info-Zettel auf Deutsch und auch in Türkisch, Arabisch, Farsi, Russisch, Englisch und Französisch zum Download: http://www.kvhh.net/kvhh/pages/index/p/709.