Die ersten 100 Tage von Gesundheitsministerin Britta Müller im Amt zeigen: Sie nimmt die großen Herausforderungen im Brandenburger Gesundheitswesen entschlossen in Angriff. Sie sucht den Austausch mit den Akteuren des Gesundheitswesens und vermittelt den Eindruck, die Versorgung im Land gemeinsam gestalten zu wollen. Als der Konflikt über die Kosten des Rettungsdienstes in einigen Landkreisen eskalierte, zögerte Sie nicht, eine schlichtende Rolle einzunehmen. Diese Haltung ist eine gute Grundlage für alles, was in dieser Legislaturperiode geleistet werden muss.
Jetzt oder nie: Die Krankenhausreform muss umgesetzt werden
Besonders drängt die Umsetzung der Krankenhausreform. Sie muss mit Nachdruck vorangetrieben werden. Die Bundesländer haben darauf bestanden, die Hoheit bei der Krankenhausplanung zu behalten. Nun müssen sie auch mit „steuernder Hand“ in diesem Bereich der Daseinsvorsorge vorangehen. Die Reform ist notwendig und bietet die Chance, die stationäre Versorgung im Land zukunftsfest mit den notwendigen Ressourcen zu gestalten – spezialisiert, qualitativ hochwertig und wohnortnah dort, wo es bedarfsgerecht angezeigt ist. Gleichzeitig ist klar: Es braucht mutige Entscheidungen, um die Krankenhausstrukturen im Flächenland Brandenburg anzupassen. Künftig ambulant zu erbringende Leistungen müssen in eine sektorenübergreifende Versorgungsplanung eingebunden, um die im Koalitionsvertrag formulierten Standorte der regionalen Gesundheitsversorgung weiterzuentwickeln. Vertreterinnen und Vertretern in den Kommunen haben in diesem Prozess eine besondere Verantwortung im Zusammenspiel mit dem für die Krankenhausplanung zuständigen Ministerium. Die Barmer unterstützt deshalb das Ziel der Einführung von Leistungsgruppen, um eine bessere Steuerung und mehr Transparenz in der Krankenhausversorgung zu erreichen. Entscheidend wird sein, dass die strukturelle Anpassung nicht nur auf dem Papier steht, sondern auch die notwendigen Investitionskosten einerseits und auch die personellen Voraussetzungen andererseits zur Verfügung stehen. In seiner Regierungserklärung am 26. März hat Ministerpräsident Woidke angekündigt, alle Krankenhausstandorte als Standorte der regionalen Gesundheitsversorgung erhalten zu wollen. Auf Akzeptanz bei den Beschäftigten und in der Bevölkerung werden die strukturellen Veränderungen nur stoßen, wenn ein Dialog mit allen Beteiligten geführt und Entscheidungen transparent gemacht werden. Die im Haushaltsentwurf vom 28. März vorgesehenen Investitionsmittel von 190 Mio. Euro jährlich (80 Mio. Euro mehr als im Vorjahr) und die ab 2026 vorgesehenen Mittel für den Transformationsfonds müssen daher klug im Sinne der Reform eingesetzt werden.
Vorzeigeprojekt mit Potential und Erfolgsgeschichte wird um die Hälfte gekürzt
Neben der Krankenhausreform zählt die Stärkung der Pflege – sowohl im stationären Bereich als auch in der ambulanten Versorgung und im häuslichen Umfeld – zu den Mammutaufgaben des Landes Brandenburg. „Der ‚Pakt für Pflege Brandenburg‘ hat erfolgreich geeignete Rahmenbedingungen geschaffen, um Pflegebedürftigkeit zu verzögern, zu verschieben und zu mildern. Die häusliche Pflege wurde deutlich gestärkt; damit konnte der zu erwartende Personalmangel in der Pflege abgemildert bzw. kompensiert werden,“ hieß es noch zurecht in der Pressemitteilung des MSGIV anlässlich der Vorstellung der wissenschaftlichen Evaluationsergebnisse zur Umsetzung im Juni vergangenen Jahres. Dieser Pakt hat im Bundesvergleich Maßstäbe gesetzt. Der Haushaltsentwurf sieht vor, dass 50 Prozent der Landesmittel für den Pakt für Pflege gekürzt werden. Zehn Mio. Euro entsprechen der Summe, die im Vorjahr abgerufen wurde. Somit ist ein Wachstum des Paktes ausgeschlossen, ebenso eine über das Niveau 2024 hinausgehende landesseitige finanzielle Unterstützung pflegebedürftiger Menschen und ihrer Angehörigen vor Ort sowie ein Ausbau der Beratungsstrukturen und die Förderung der Fachkräftesicherung. Wie im Krankenhausbereich ist auch in der vollstationären Pflege die Übernahme der Investitionskosten Landesaufgabe. Hierzu bleibt der Haushaltsentwurf weiterhin eine Antwort schuldig. Nachholbedarf hat Brandenburg auch noch bei der Schaffung rechtlicher Voraussetzungen für die Nachbarschaftshilfe. Gerade in einem Flächenland mit einem hohen Anteil an pflegebedürftigen Menschen brauchen wir tragfähige Konzepte, um die Menschen so lange wie möglich in ihrer vertrauten Umgebung und ihre pflegenden Angehörigen zu unterstützen. Die Erarbeitung einer notwendigen Landesrechtsverordnung für die Qualifizierung zur Nachbarschaftshilfe ist Voraussetzung, um im Land Brandenburg die Abrechnung der Nachbarschaftshilfe zu ermöglichen. Bei der Ausgestaltung der rechtlichen Voraussetzungen ist es wichtig, einen niedrigschwelligen Zugang zur Nachbarschaftshilfe zu wählen. Der Aufwand und die Hürden für interessierte Helferinnen und Helfer dürfen nicht zu hoch sein.
Ambulante Versorgung: Regionale Versorgungsplanung weiter vorantreiben
Für die patienten- und qualitätsorientierte Versorgung ist eine gemeinsame Planung des ambulanten und des stationären Versorgungsbereichs notwendig. Denn immer mehr medizinische Eingriffe an der Schnittstelle zwischen ambulant-fachärztlicher sowie der Grund- und Regelversorgung im Krankenhaus können ambulant statt stationär durchgeführt werden. Die Bedarfsplanung muss diese Entwicklung mitgehen und eine bedarfsorientierte Steuerung der Patientinnen und Patienten in die richtige Versorgungsebene ermöglichen. Außerdem muss die telemedizinische Versorgung zukünftig eine wichtigere Rolle einnehmen, damit niedergelassene Ärztinnen und Ärzte sowie stationäre Behandlungspartner ihre Patientinnen und Patienten auch überregional und langfristig betreuen können. Den vom Land initiierten regionalen Versorgungsbedarfsanalysen müssen nun konkrete Zielbilder folgen.