Wie geht es nach der Landtagswahl in Brandenburg weiter? Kommt eine Koalition aus SPD und BSW zustande? Was wird sich eine neue Brandenburger Landesregierung in den Bereichen Gesundheit und Pflege vornehmen? Ob Krankenhausreform, demographischer Wandel, Fachkräfte- und Arbeitskräftemangel, Investitions- oder Digitalisierungsstau sowie finanzielle Belastungen für die Kranken- und Pflegeversicherung in bislang ungekannter Höhe – es gibt genug Herausforderungen, die gemeinsam angepackt werden müssen. Zum Redaktionsschluss haben die Sondierungsgespräche zwischen SPD und BSW begonnen. Was verbindet und was trennt SPD und BSW in der Gesundheitspolitik? Was kommt mit Blick auf die anderen Parteien auf uns zu? Die STANDORTinfo hat nochmals in die Wahlprogramme geschaut und gibt eine Einschätzung, die in dieser turbulenten Zeit jedoch nur eine Momentaufnahme sein kann.
Bei der Pflege könnten sich SPD und BSW schnell einig werden
Alle Parteien haben erkannt, dass pflegende Angehörige stärker unterstützt werden müssen. Sowohl die SPD als auch das BSW bekennen sich in ihren Wahlprogrammen zur Fortsetzung des „Pakts für Pflege“. Im Wahlprogramm der SPD heißt es: „Wir werden den ‚Pakt für Pflege‘ fortführen und verstetigen. Er hat im ganzen Land pflegerische Unterstützungs- und Beratungsstrukturen gestärkt bzw. neu geschaffen“. Ganz ähnlich hört es sich beim BSW an: „Die Kommunen müssen in die Lage versetzt werden, frühzeitig auf sich verändernde Bedarfe (steigende Zahl Pflegebedürftiger, Anm. d. Red.) zu reagieren und entsprechende Angebote vorzuhalten. Hierfür muss der „Pakt für Pflege“ verstetigt und ausreichend finanziert werden.“
Einigkeit besteht zwischen SPD und BSW auch was die hohen Kosten für einen Pflegeheimplatz betrifft: beide Parteien wollen die Eigenanteile, die zuletzt in die Höhe geschossen sind, deckeln und das Land stärker an den Investitionskosten beteiligen. Dies ist besonders zu begrüßen, da die Länder gesetzlich verpflichtet sind, die Investitionskosten sowohl für die Krankenhäuser als auch für die Pflegeeinrichtungen zu tragen.
Die Pflege ist übrigens das gesundheitspolitische Feld, in dem es auch mit den beiden Oppositionsparteien die größten Schnittmengen gibt.
Konflikte oder Konsens in der Krankenhauspolitik?
Die SPD verweist in ihrem Wahlprogramm auf die bisherigen finanziellen Anstrengungen, um die Krankenhausstandorte in Brandenburg zu erhalten und zu stärken. Oberstes Ziel sei die Verbesserung der Qualität der Versorgung sowohl im stationären wie im ambulanten Bereich. Künftig sollen 200 Millionen Euro jährlich bereitgestellt werden, um eine breite stationäre Versorgung im Land zu sichern. U. a. sollen kommunale Krankenhäuser und Klinikverbünde mit dem Ziel gefördert werden, sich wirtschaftlich und bei Spezialisierungen zu unterstützen. „Wir werden ein Investitionsprogramm ‚Kommunale medizinische Versorgung‘ auflegen, heißt es im Regierungsprogramm der SPD, um insbesondere die hausärztliche Versorgung sicherzustellen. „Die vernetzte Versorgung in Gesundheitszentren oder Polikliniken bietet große Chancen insbesondere für den ländlichen Raum.“
Im Wahlprogramm des BSW heißt es u. a. „Kein Krankenhaus in Brandenburg soll geschlossen werden! Wir werden alles daransetzen, dass alle 66 Krankenhausstandorte in Brandenburg erhalten bleiben.“ An anderer Stelle steht: „Ziel muss die Verbesserung der Versorgungsqualität und das Angebot spezialisierter ambulanter und stationärer Leistungsangebote an den dafür geeigneten Standorten sein. Dies garantiert, dass Behandlungen tatsächlich dort erfolgen, wo die medizinisch-technischen und personellen Voraussetzungen das bestmögliche Ergebnis erwarten lassen.“
Weit scheinen die Positionen angesichts des Machbaren in der gesundheitlichen Versorgung in Brandenburg nicht auseinander zu liegen. Ein Blick in den Vierten Krankenhauplanes des Landes Brandenburg verdeutlicht bereits ähnliche Ansätze: „Ziel des Vierten Krankenhausplanes ist die Sicherung einer qualitätsgesicherten und wohnortnahen Versorgung der Bevölkerung mit Krankenhausleistungen. Dies bedeutet, dass alle Krankenhausstandorte für die regionale Gesundheitsversorgung erhalten bleiben und auch in Zukunft eine bedarfsgerechte, flächendeckende, gut erreichbare und qualitativ hochwertige medizinische Versorgung in allen Teilen des Landes sichergestellt wird (…) Die Standorte werden zukunftssicher durch neue belastbare Konzepte. Dazu gehört beispielsweise die engere Kooperation zwischen Krankenhäusern einer niedrigeren Versorgungsstufe mit denen einer höheren Versorgungsstufe oder spezialisierten Kliniken (…) Zudem sollen insbesondere Krankenhäuser der Grundversorgung in ländlichen Regionen durch den Einsatz von Strukturfondsmitteln dabei unterstützt werden, sich zu ambulant-stationären Gesundheitsanbietern vor Ort zu entwickeln.“
Keine unüberwindbaren Differenzen
Bei vielen Problemfeldern schlagen SPD und BSW ähnliche Pflöcke ein, sei es bei der besseren Behandlung von Kindern und Jugendlichen mit psychischen Erkrankungen, beim Einsatz von mehr Gemeindeschwestern oder der Förderung von kommunalen Gesundheitszentren und Polikliniken im ländlichen Raum.
Auch bei der Digitalisierung liegen die Parteien nicht weit auseinander. Zwar warnt das BSW in seinem Wahlprogramm, dass die ePA nicht zum „gläsernen Patienten“ führen dürfe und Nutzerinnen und Nutzer keine Nachteile beim Abschluss von Versicherungen oder im Berufsleben haben dürften. Doch betont wird, dass digitale Prozesse für die „Patienten hilfreich und für die Behandler eine sinnvolle Arbeitserleichterung mit sich bringen“. Zur Stärkung des Rettungsdienstes fordert das BSW ein landesweit einheitliches Telenotarztsystem. Auch die SPD setzt auf „innovative Lösungen der Digitalisierung“, die „nicht nur den Patientinnen und Patienten, sondern ebenso den Pflege- und Rettungsdiensten, Kliniken, Arztpraxen und Gesundheitsämtern bei der Bewältigung ihrer vielfältigen Aufgaben helfen.“
Es zieht sich ein unterschiedlicher Sound durch die beiden Wahlprogramme. Während die SPD auf bisherige Errungenschaften verweist, verurteilt das BSW die Gesamtentwicklung des Gesundheitswesens in den vergangenen Jahren und zielt damit die Privatisierungs- und Profitmaximierungstendenzen. Es sind durchaus Differenzen in den gesundheitspolitischen Zielen von SPD und BSW erkennbar, aber keine unüberwindbaren, zumindest nicht bei den landespolitischen Themen.
Und was passiert in der Opposition?
Neben einer handlungsfähigen Regierung, braucht es einen unvoreingenommenen Landtag, der die Regierungsarbeit in sachkundigen Fachausschüssen kontrolliert und mitgestaltet. Einige Abgeordnete, die den Gesundheitsausschuss in der vergangenen Legislaturperiode geprägt haben, sind nicht mehr angetreten oder wurden nicht mehr gewählt. So zum Beispiel Günter Baaske (SPD), Roswitha Schier (CDU), Ronny Kretschmer (Die Linke) Carla Kniestedt (Bündnis90/Die Grünen). Ihre Stimmen werden fehlen. Andere Expertinnen und Experten bleiben uns erhalten, wie zum Beispiel Daniel Keller (SPD) oder Prof. Dr. Michael Schierack (CDU).
In welche Richtung es in der Versorgung der Brandenburgerinnen und Brandenburger künftig gehen wird, hängt zu einem großen Teil von der Landesregierung ab. Angesichts fehlender finanzieller Mittel kommt es einmal mehr auf ein Parlament an, das notwendige strukturelle Veränderungen konstruktiv begleitet.