Daniel Keller (SPD), Prof. Dr. Michael Schierack (CDU), Antje Töpfer (Bündnis 90/Die Grünen), Ronny Kretschmer (Die Linke)
STANDORTinfo für Berlin und Brandeburg

Interview-Ausgabe zur Landtagswahl 2024 in Brandenburg

Lesedauer unter 19 Minuten

Die Sommerpause fällt in Brandenburg in diesem Jahr aus, denn es ist Wahlkampf. Als eines der zentralen Themen steht die gesundheitliche und pflegerische Versorgung der Brandenburgerinnen und Brandenburger mit zahlreichen Herausforderungen für die nächste Regierung auf der Agenda und auch in den Wahlprogrammen. Wer auch immer der neuen Landesregierung angehört, sollte dieses Thema zur Chefsache machen. Welche Rezepte haben Politikerinnen und Politiker gegen die langen Wartezeiten für einen (Fach)-arzttermin? Wie lautet die Therapieempfehlung für überfüllte Rettungsstellen? Und welches Mittel hilft gegen die steigenden Eigenanteile für einen Platz im Pflegeheim? Wir haben bei den Kandidatinnen und Kandidaten nachgefragt, welche Sicht sie auf die Dinge haben und welche Ziele und Konzepte die Parteien bei diesen und anderen Themen verfolgen. Vielen Dank an Daniel Keller (SPD), Prof. Dr. Michael Schierack (CDU), Antje Töpfer (Bündnis 90/Die Grünen) und Ronny Kretschmer (Die Linke), dass sie sich für die Beantwortung unserer Fragen Zeit genommen haben.

Daniel Keller (SPD), Prof. Dr. Michael Schierack (CDU), Antje Töpfer (Bündnis 90/Die Grünen), Ronny Kretschmer (Die Linke)

Daniel Keller (SPD), Prof. Dr. Michael Schierack (CDU), Antje Töpfer (Bündnis 90/Die Grünen), Ronny Kretschmer (Die Linke)

Welchen Rat geben Sie, wenn sich jemand bei der Suche nach einem guten Krankenhaus an Sie wendet?

Als gesundheitspolitischer Sprecher der SPD-Faktion im Landtag Brandenburg hatte ich in den zurückliegenden Jahren viele Gelegenheiten, mich vor Ort über die Arbeit in unseren Krankenhäusern zu informieren. Wenn mich also eine Person ganz grundsätzlich nach einem guten Krankenhaus im Land Brandenburg fragen würde, könnte ich guten Gewissens alle Krankenhäuser des Landes empfehlen und würde dazu raten, das jeweils örtlich gelegene Krankenhaus aufzusuchen. Sicherlich gibt es auch Spezialfälle, zum Beispiel komplizierte Operationen oder besondere Behandlungen, die in bestimmten Krankenhäusern routinemäßiger durchgeführt werden als in anderen. Dann würde ich immer dazu raten, sofern möglich, sich vor Ort ein eigenes Bild zu machen und dann eine Entscheidung zu treffen. Für uns bleibt es gesundheitspolitisch das oberste Ziel, eine qualitativ hochwertige, flächendeckende und wohnortnahe Gesundheitsversorgung in allen Regionen des Landes sicherzustellen. Dazu haben wir den Krankenhäusern schon in den letzten Jahren zusätzliche Mittel zur Verfügung gestellt und werden die bisherige Fördersumme von 110 Millionen Euro pro Jahr auf jährlich 200 Millionen Euro im Jahr erhöhen. Kein anderes Bundesland investiert pro Kopf mehr in seine Krankenhäuser.
Als Arzt empfehle ich Abteilungen von unterschiedlichen Kliniken, von denen ich überzeugt bin und deren kollegiale Zusammenarbeit ich schätze. Als MdL setze ich mich dafür ein, dass ein gutes Krankenhaus in zumutbarer Entfernung zur Wohnortnähe erreichbar ist. Ich hoffe, dass die ggw diskutierte Krankenhausreform so nicht kommt.Die Krankenhausreform ist notwendig, aber die Planungshoheit muss bei den Ländern liegen. Neben der Qualität, ist eine gute Erreichbarkeit bei einem Flächenland wie Brandenburg von immenser Bedeutung. 
Gute Krankenhäuser finden Sie in ganz Brandenburg – egal, ob im Norden, im Süden, im Osten oder bei mir im Havelland. In der zurückliegenden Legislaturperiode waren die Häuser vor enorm schwierige Aufgaben gestellt, um nur ein paar zu nennen: Corona und die Folgen des russischen Angriffskrieges, insbesondere die gestiegenen Energiepreise, aber auch steigende Personalkosten und die Auswirkungen des Fallpauschalen-Systems. Wir haben mit unserer grünen Gesundheitsministerin Ursula Nonnemacher alles dafür getan, dass die Kliniken gut durch die Krise kommen und haben verschiedene Programme aufgelegt, wie zum Beispiel Green Care and Hospital, mit dem wir Krankenhäuser bei Investitionen in Energiesparmaßnahmen und Stromproduktion aus erneuerbaren Energien unterstützen. Wir haben außerdem dafür gesorgt, dass alle Krankenhaustandorte erhalten geblieben sind, mit 200 Mio. Euro aus dem Landeshaushalt für Krankenhäuser. Damit erfüllt Brandenburg die Länderinvestitionsquote. Für uns ist klar: Wir wollen alle Standorte erhalten und – an den regionalen Bedarf angepasst – weiterentwickeln, damit die Brandenburgerinnen und Brandenburger auch künftig gut versorgt sind.
In der Zwischenzeit gibt es einige ganz gute Internetangebote zur Kliniksuche durch die Krankenkassen oder unabhängig davon, beispielsweise den „Klinikradar“. Und um es gleich vorweg zu sagen: Der „Klinikatlas“ vom Bundesgesundheitsminister Lauterbauch ist dagegen kein geeignetes Instrument und hat nur viel Geld gekostet. Sich mit dem behandelnden Hausarzt/ Facharzt zu beraten, ist ebenfalls richtig. Individuell abgestimmt auf die Behandlungsbedürftigkeit und die Mobilität des Patienten sollte sich immer eine passende Klinik finden, die über die notwendige Erfahrung und Expertise verfügt.
 

Viele Brandenburgerinnen und Brandenburger wünschen sich, einen Arzttermin schneller zu erhalten. Welche kurzfristigen und mittelfristigen Maßnahmen schlagen Sie im Rahmen einer regionalen Versorgungsplanung vor?

Mit dem Terminservice- und Versorgungsgesetz des Bundes ist ein erster Schritt gemacht, um in kürzerer Zeit Arzttermine zu vermitteln. Klar ist aber auch: Um die hohe Nachfrage dauerhaft zu bedienen und die Versorgungssicherheit einer alternden Gesellschaft – insbesondere in ländlichen Regionen – dauerhaft zu gewährleisten, brauchen wir mehr Ärztinnen und Ärzte. Dazu haben wir die erste Universitätsmedizin des Landes Brandenburg in der Lausitz geschaffen. Wir haben ein Landärztestipendium eingeführt, wollen dieses fortführen und künftig auf Zahnärzte erweitern. Und wir wollen ambulant-stationäre Versorgungsangebote stärken. Dort sollen Patientinnen und Patienten durch angestellte und niedergelassene Ärzte sowie nicht-ärztliche Fachkräfte in Kooperation mit Krankenhäusern wohnortnah versorgt werden. Für uns ist zudem wichtig, dass ausländische Fachkräfte im Gesundheits- und Pflegebereich schneller zur Gesundheitsversorgung beitragen können. Daher wollen wir die Anerkennung ausländischer medizinischer Fachkräfte beschleunigen und setzen hierzu den Beschluss „Beschleunigte Anerkennung ausländischer Berufsabschlüsse im Gesundheitssystem“ konsequent um.
Um eine flächendeckende Gesundheitsversorgung abzusichern müssen Krankenhäuser, Haus- und Fachärzte überall im Land Brandenburg verfügbar sein, nicht nur in großen Städten oder im Berliner Umland. Dafür wollen wir gemeinsam mit den Landkreisen, Kommunen, Krankenkassen und Verbänden sorgen. Gerade in den ländlichen Regionen wollen wir die Zusammenarbeit zwischen Krankenhäusern und ambulanten Strukturen wie Allgemeinmedizinern und Apotheken noch besser koordinieren. Prävention, Gesundheitskompetenz, Gesundheit und Pflege müssen noch stärker zusammengedacht werden. Dabei sind die Krankenhäuser genauso wichtig wie die Weiterentwicklung der MVZ. Unser Ziel ist eine gut verzahnte sektorenübergreifende Versorgung. Wir müssen mehr Ärztinnen und Ärzte ausbilden und ihre gleichmäßigere Verteilung im Land durch Anreize verbessern. Durch Digitalisierungsstrukturen sollen Prozesse entbürokratisiert und beschleunigt sowie Zeit und Personal bindende Mehrfachuntersuchungen vermieden werden. Kurzfristige Liquiditätsmaßnahmen können diese längerfristigen Maßnahmen nicht ersetzen. Nur wenn all diese Faktoren zusammen wirken, werden genügend Arzttermine verfügbar sein. Dafür setzen wir uns ein. 
Die demografische Entwicklung macht auch vor Brandenburg nicht halt. Wenn ich sehe, wie viele Ärztinnen und Ärzte quer durch alle Fachbereiche in den kommenden Jahren in Rente gehen werden, weiß ich, dass hier eine große Aufgabe auf uns wartet. Und ich sage bewusst „auf uns“, denn die Sicherung der medizinischen Versorgung geht uns alle etwas an.
Aber was haben wir: Da ist die Medizinische Hochschule Brandenburg im Norden und schon bald auch die Brandenburgische-Technische-Universität im Süden, wo wir in Brandenburg Medizinerinnen und Mediziner ausbilden, von denen dann – so zeigt es die Erfahrung bei der MHB – viele bleiben werden. Mit dem Landärzteprogramm motivieren wir zusätzlich junge Ärztinnen und Ärzte, sich in Brandenburg niederzulassen und die Lücken zu füllen. Das ist auch das Ziel bei der Anerkennung von ausländischen Berufsabschlüssen, wo wir besser geworden sind, aber die immer noch entbürokratisiert und beschleunigt werden kann. Darüber hinaus braucht es kreative Lösungen im Bereich der Digitalisierung und neue Organisationsformen wie Medizinische Versorgungszentren (die wir unbedingt auf kommunaler Ebene unterstützen). Dadurch gewinnen wir Effizienz, indem Bürokratie abgebaut wird und multiprofessionelle Teams gestärkt werden, und ganz wichtig: wir verzahnen den ambulanten und stationären Bereich besser miteinander.
Um Prävention zu stärken, haben wir schon einiges auf den Weg gebracht, zum Beispiel den Pakt für Pflege, der bundesweit Anerkennung gefunden hat und dessen Maßnahmenpaket dafür gesorgt hat, dass Brandenburg Spitzenreiter ist, wenn es darum geht, dass Menschen zu Hause gepflegt werden. In Luckau arbeitet etwa, finanziert über den Pakt, jetzt die erste Gemeindegesundheitspflegerin, die eine wichtige Lots*innen- aber auch Früherkennungsfunktion übernimmt. So können Versorgungslücken geschlossen werden und Patient*innen an die richtige Versorgungsstelle vermittelt werden. Diese Maßnahmen müssen verstetigt und solide finanziert werden. Nicht alles haben wir hier auf der Landesebene in der Hand. Deshalb arbeiten wir Grüne natürlich eng mit der Bundes- und der kommunalen Ebene zusammen.
Wir werben ausdrücklich für eine sektorenübergreifende, regionale Versorgungsplanung. Eine enge Kooperation zwischen niedergelassenen Ärzten und dem örtlichen Krankenhaus ist zu fördern. Die gemeinsame Nutzung von medizinischen Geräten und weiterer Ressourcen ist nicht nur wirtschaftlich dringend geboten. Notwendig ist der Ausbau telemedizinischer Angebote. Letztendlich ist es dem Patienten egal, ob die für ihn notwendige medizinische Leistung von einem ambulant tätigen Kollegen oder durch einem beim Krankenhaus angestellten Kollegen erbracht wird. Für den Patienten ist wichtig, dass es überhaupt eine medizinische Versorgung möglichst wohnortnah gibt. Ambulant-stationäre Versorgungsformen müssen endlich als Regelleistung der gesetzlichen Krankenversicherung im Sozialgesetzbuch verankert werden. Notwendige Investitionen zum Aufbau dieser ambulant-stationären Zentren wird eine Aufgabe des Landes sein, ebenso wie die notwendigen Investitionen in die digitale Infrastruktur, die Anschaffung und Ersatzbeschaffung von medizinischen Großgeräten. Das alles muss mittelfristig angegangen werden. Kurzfristig benötigen wir mehr Ermächtigungen für Klinikambulanzen.

In Brandenburg wird häufiger der Rettungsdienst gerufen, weil die Morbidität der Bevölkerung höher und die Arztdichte geringer ist als in anderen Teilen Deutschlands. Wie sehen Ihre Reformvorschläge aus, um dem Fachkräftemangel zu begegnen, den Rettungsdienst wirtschaftlich und zukunftsfest zu gestalten?

Eine flächendeckende, hochwertige und schnelle Notfallversorgung ist überlebenswichtig. Die Bundesregierung hat in dieser Hinsicht mit dem jüngsten Gesetzentwurf zur Reform der Notfallversorgung einen wichtigen Grundstein gelegt. Es geht darum, den vertragsärztlichen Notdienst, die Notaufnahmen der Krankenhäuser und die Rettungsdienste besser zu vernetzen, um eine bedarfsgerechtere Patientensteuerung zu ermöglichen. Parallel dazu werden wir landesseitig die Investitionen in die Brandenburger Krankenhäuser auf 200 Mio. Euro jährlich aufstocken und auch dadurch einen Beitrag zur verbesserten Notfallversorgung leisten. Zudem setzen wir beim Rettungsdienst auf innovative digitale Lösungen. In Brandenburg haben wir erst kürzlich die Nutzung telenotärztlicher Systeme ermöglicht. Wir werden auch Erkenntnisse aus dem Projekt „Notfall- und Akutversorgung Brandenburg“ nutzen und die Bekanntheit der Rufnummer 116 117 erhöhen. Außerdem wollen wir die Zusammenarbeit mit anderen Bundesländern weiter ausbauen, um Rettungsdienste besser in die Lage zu versetzen, in Notfällen
den Rettungsstellen der Krankenhäuser länderübergreifend, digital und in Echtzeit Patientinnen und Patienten zuzuweisen.
Wir brauchen einen Rettungsdienst auf den sich die Brandenburgerinnen und Brandenburger verlassen können. Rettungsfristen einzuhalten und die Notfallversorgung zu sichern, ist eine herausfordernden Aufgabe, der wir uns widmen müssen. Dabei spielen die integrierten Rettungsstellen in Zukunft eine wichtige Rolle. Wir brauchen den Rettungsdienst für Einsätze in der Not und einen Fahrdienst der beim Arztbesuch im Flächenland unterstützt. Wir haben ein Gesetz zum Einsatz von Telenotärzten vor wenigen Monaten beschlossen. Dieses Gesetz zum Laufen zu bringen wird Aufgabe der nächsten Legislatur sein. Nur mit gut ausgebildeten und ausgestatteten Rettungskräften sind Schutz und Sicherheit unserer Bevölkerung gewährleistet. Die Fachkräftegewinnung ist eine zentrale Aufgabe der kommenden Jahre: Qualifizierungsangebote unterstützen, Vereinbarkeit von Familie und Beruf stärken. Frühzeitig an Schulen für den wichtigen Beruf des Rettungsdienstes sensibilisieren. 
Wir befürworten die aktuell laufende Notfallreform auf Bundesebene, denn hier muss dringend Orientierung in ein System, das ineffizient läuft und für Menschen, die plötzlich erkranken oder sich verletzen, im Moment eher einem Labyrinth gleicht. Auch hier in Brandenburg landen Notfallpatienten viel zu oft beim Rettungsdienst und in überfüllten Notaufnahmen von Krankenhäusern. Durch die Reform werden mit Integrierten Notfallzentren und vernetzten Leitstellen einheitliche Schnittstellen und Standards für eine verlässliche und zielgerichtete Patientensteuerung geschaffen, wodurch jährlich bis zu 33 Mio. Krankenhaustage vermieden und damit Kosteneinsparungen in der GKV von mehreren Mrd. Euro pro Jahr erreicht werden können. Wichtig ist den Rettungsdienst in die Reform aufzunehmen. Und, vor allem in ländlichen Regionen braucht es telemedizinische Angebote, wie etwa die Telereanimation, hier ist in Zukunft wichtig die Abfrage zu standardisieren, damit zielgerichtet versorgt werden kann. Und weil zum Beispiel bei einem Herzinfarkt jede Minute zählt, haben wir hier in ein App-basiertes Katretter*innen-Systems in die Leitstellen integriert, das freiwillige Ersthelfer*innen einbezieht. Hier muss künftig auch die psychische Erste Hilfe einbezogen u. die Zusammenarbeit mit dem Berliner Katretter*innen-System besser verzahnt werden. 
Das, was in den letzten Jahren erfolgreich in Brandenburg erprobt worden ist, muss nun zügig flächendeckend ausgebaut werden. Für Telenotarztsysteme sind erst kürzlich die gesetzlichen Regelungen getroffen worden. 
Der Ausbau der Notdienstpraxen bzw. Ärztlichen Bereitschaftsdienstpraxen an den Notfallambulanzstandorten ist ebenfalls voranzutreiben und gemeinsam mit der KVBB abzusichern. Kooperationen von Landkreisen und kreisfreien Städten - auch länderübergreifend – bezüglich der Planung und Absicherung des Rettungsdienstes und der Wachenstandorte müssen ausgebaut werden. Letztendlich muss die Ausbildung im Rettungsdienst, also die Notfall- und Rettungssanitäter-Ausbildung, attraktiver gestaltet werden und eine Ausbildungsvergütung gewährleistet sein. Zudem müssen die Kompetenzen der Notfallsanitäter gestärkt werden. Auch in diesem medizinischen Berufsfeld werden wir um eine offene Debatte zu einer neuen Aufgabenteilung nicht herumkommen. Selbstverständlich ist aber auch der Auf- und Ausbau von Ersthelferstrukturen und die flächendeckende Zurverfügungstellung von Defibrillatoren in öffentlichen Gebäuden und öffentlichen Plätzen notwendig.

Für den erfolgreichen Pakt für Pflege wurden bislang insgesamt ca. 30 Mio. Euro für ca. 660 Projekte ausgeschüttet. Wie würde eine Weiterführung des Pakts unter Ihrer Regierungsbeteiligung aussehen, um diese und weitere Vorhaben mit allen Beteiligten zu verstetigen?

Die Fortführung und der Ausbau des Brandenburger „Pakts für Pflege“ hat für uns hohe Priorität. Seine Maßnahmen haben in der Fläche des Landes gewirkt. Der „Pakt für Pflege“ hat sich bewährt. Wie die Ergebnisse der Evaluation verdeutlichen, hat der „Pakt für Pflege“ erfolgreich geeignete Rahmenbedingungen geschaffen, um Pflegebedürftigkeit zu verzögern, zu verschieben und abzumildern. Der Pakt hat nachweislich die häusliche Pflege, die im Land Brandenburg mit rund 87 Prozent bundesweit den höchsten Wert aufweist, deutlich gestärkt. So konnte der erwartete Personalmangel in der Pflege abgemildert bzw. kompensiert werden. Da die ambulante und stationäre Pflege den künftigen Bedarf kaum decken werden, werden wir die Stärkung der häuslichen Pflege sowie die Pflege im hausnahen Umfeld ausbauen müssen. Dabei soll insbesondere der Ausbau der „Nachbarschaftshilfe“ unter Zahlung eines Entlastungsbetrages stärker genutzt werden. Gleichzeitig werden wir die Maßnahmen des Pakts für Pflege fortführen, mit dem Ziel, die Pflege vor Ort zu stärken, die Pflegeberatung und pflegerische Versorgungsstruktur auszubauen und darüber hinaus die Fachkräftesicherung im Land aktiv zu unterstützen.
Wir wollen die Prävention in der Pflege stärken, um Pflegebedürftigkeit hinauszuzögern. Dabei setzen wir auf die Fortsetzung, den Ausbau und die Weiterentwicklung des erfolgreichen Pakts für Pflege und die Einbeziehung in das Landespflegegesetz. Unser Ziel ist es, pflegebedürftigen Menschen eine qualifizierte Pflege anzubieten und ihnen möglichst lange ein selbstbestimmtes Leben in ihrem vertrauten Wohnumfeld zu ermöglichen. Dabei müssen wir in den Blick nehmen, was vor Ort benötigt wird. Gerade die Flexibilität des Programms „Pakt für Pflege  - Pflege vor Ort“ ermöglicht es, da Hilfe anzubieten, wo sie wirklich gebraucht wird. 
Der Pakt für Pflege ist in der Tat ein großer Erfolg dieser Legislatur. Mit dessen wichtigster Säule, dem Förderprogramm „Pflege vor Ort“ wurden Strukturen sehr nah an und vor allem mit den Menschen geschaffen. Wir geben die Verantwortung für Pflege wieder dorthin, wo sie hingehört: In die Hände der Kommunen. Dafür müssen auch in Zukunft die finanziellen Mittel bereitgestellt werden, und zwar dauerhaft, indem wir den Pakt im Landespflegegesetz verankern. Ein besonderes Anliegen ist uns dabei Familien mit pflegebedürftigen Kindern und Jugendlichen in Zukunft besser zu unterstützen. Auf Bundesebene wollen wir uns dafür einsetzen, dass die Altenhilfe und Pflegeplanung in Zukunft zu Pflichtaufgaben für Kommunen werden, sie also ein Mitspracherecht erhalten, und dafür die nötigen Gelder bereitstellen.
Zunächst einmal geht es um die Verstetigung und Sicherung der Mittel. Das heißt, wir brauchen ein gesetzliche Grundlage. Dafür bietet sich das Brandenburgische Landespflegegesetz an. Die finanziellen Mittel sollten auf die ursprünglich versprochenen 30 Millionen Euro pro Jahr aufgestockt werden. Niedrigschwellige ambulante Angebote müssen erhalten bleiben, um eine höhere Pflegebedürftigkeit hinauszuzögern bzw. zu verhindern. Die Kommunen müssen angehalten werden regelmäßige regionale Pflegebedarfsplanungen durchzuführen. Der Ausbau der 4. Säule des „Pakts für Pflege“ ist von größter Wichtigkeit. Die Sicherung des Fachkräftebedarfes in der Pflege ist prioritär. Die zu hohen Abbrecherquoten in der Ausbildung müssen gesenkt werden. Hilfreich wäre die Finanzierung von Sozialpädagogen an den diesbezüglichen Berufsschulen. Außerdem benötigen wir eine spürbare Beschleunigung bei den Anerkennungsverfahren von ausländischen Fachkräften. Ebenfalls wichtig wird der weitere Ausbau von Tagespflege- und Kurzzeitpflegeplätze und die nachhaltige Finanzierung der vorgehaltenen Kurzzeitpflegeplätze. 

Die Eigenanteile für einen Platz in Pflegeeirichtungen werden für viele Menschen inzwischen unbezahlbar. Für den Teil der Kosten in den Eigenanteilen, die Pflegeeinrichtungen für Investitionen benötigen, müsste das Land aufkommen. Wie sehen Ihre Vorschläge aus, um Pflegeheimbewohnerinnen und –bewohner hier zu entlasten?

Uns ist bewusst, dass die Kosten für einen Pflegeplatz für viele Menschen mehr und mehr zu einer großen finanziellen Belastung werden. Wir dürfen nicht zulassen, dass die Pflegekosten zu einem Armutsrisiko für die Menschen werden. Das hat für uns letztlich auch etwas mit Respekt vor der Lebensleistung im Alter zu tun. In erster Linie braucht es daher auf der Bundesebene eine Reform der Pflegeversicherung mit einer Deckelung des Eigenanteils. Dafür setzen wir uns ein. Parallel dazu wollen wir aber auch als Land selbst aktiv werden. Unser Beitrag zur Senkung der Eigenbeteiligung für Pflegebedürftige wird deshalb darin bestehen, dass wir landesseitig einen höheren Anteil an den Investitionskosten übernehmen. Damit wollen wir im Rahmen unserer Zuständigkeit als Land Brandenburg einen Beitrag zur finanziellen Entlastung der Bewohnerinnen und Bewohner von Pflegeheimen sowie deren Angehörigen leisten. Die emotionale Belastung ist für alle Beteiligten schließlich oftmals allein schon hoch genug.
Pflege muss als gesamtgesellschaftliche Aufgabe gesehen werden. Der Personalmangel, aber auch die erheblich steigenden Pflegekosten belasten die Träger und Betroffenen bzw. deren Angehörige immer stärker. Wir finden: Gute Pflege muss für alle Menschen finanzierbar bleiben. Deshalb muss auf Bundesebene die Finanzierung der Eigenbeteiligung in der stationären Pflege auf eine völlig neue Grundlage gestellt werden. Das Land sollte sich zum Ziel setzen, beginnend seinen Anteil an den Investitionen zu leisten. Unser Ziel ist es, pflegebedürftigen Menschen eine qualifizierte Pflege anzubieten und ihnen ein selbstbestimmtes Leben in ihrem vertrauten Wohnumfeld zu ermöglichen. Zudem setzen wir auf bessere Rahmenbedingungen, um die Vereinbarkeit von Familie, Pflege und Beruf weiter zu erleichtern. Dabei muss auch die Unterstützung pflegender Angehöriger mitgedacht werden. 
Was wir mit den Maßnahmen aus dem Pakt für Pflege in Brandenburg erreicht haben ist Pflegebedürftigkeit hinauszuzögern, den Fachkräftemangel in der Pflege abzumildern und vor allem die Zeit zu verlängern, die Menschen zu Hause gepflegt werden können. Die personalintensivste und daher teuerste Art der Pflege ist die vollstationäre im Pflegeheim. Und die Ergebnisse zeigen: Das gelingt nirgendwo sonst in Deutschland so gut wie bei uns. Mit 86,9 Prozent aller Fälle sind wir bundesweit absolute Spitze. Aber auch hier liegt nicht alles in unserer Hand auf Landesebene, vieles kann nur im Bund geregelt werden. Um eine dauerhaft auskömmliche Finanzierung und Pflegeversicherungsbeiträge, die sich die Menschen leisten können, zu gewährleisten, muss die Pflegeversicherung grundlegend reformiert und in eine solidarisch finanzierte Bürger*innenversicherung überführt werden. Das steht im Koalitionsvertrag der Ampel und wir Grüne hatten uns dafür sehr eingesetzt.
Wir haben in der aktuellen Legislatur einen Antrag eingebracht, mit dem wir die Landesregierung auffordern wollten, die Förderung für die Investitionskosten in der stationären Altenpflege deutlich zu erhöhen, um so die Eigenanteile der Pflegebedürftigen von den Investitionskosten zu entlasten. Leider wurde diese Initiative von der Koalition abgelehnt. Die zu diesem Antrag durchgeführte Anhörung im Gesundheitsausschuss hat aber deutlich gemacht, dass hier dringender Handlungsbedarf besteht. DIE LINKE wird deshalb weiterhin dafür streiten, dass die Beträge bei den Investitionen deutlich nach oben angepasst werden. Möglicherweise ist eine jährliche „Pro-Kopf-Förderung“ sinnvoller als die bisherige Objektförderung. Wir schlagen darüber hinaus vor, ähnlich wie andere Bundesländer, auch in Brandenburg ein Pflegewohngeld einzuführen. Grundsätzlich muss aber auf Bundesebene eine umfassende und nachhaltige Pflegereform durchgeführt werden. Ein Sockel-Spitze-Tausch bei den Pflegeheimkosten wäre ein erster Schritt zu einer Pflegevollversicherung, die wir als Linke anstreben.

Die Corona-Pandemie hat uns vor Augen geführt, wie wichtig der Öffentliche Gesundheitsdienst ist. Themen wie mangelnde Gesundheitskompetenz und Hitzeschutz haben seither zusätzlich an Bedeutung gewonnen. Wie sieht die Zukunft des Öffentlichen Gesundheitsdienstes unter Ihrer Regierungsbeteiligung aus?

Der Öffentliche Gesundheitsdienst (ÖGD) ist ein unverzichtbarer und zentraler Bereich des Gesundheitswesens im Land Brandenburg. Das wurde nicht zuletzt während der Corona-Pandemie mehr als deutlich. Daher ist es unser Ansinnen, dass der ÖGDauch zukünftig modern organisiert und personell gut ausgestattet ist, um die bestmögliche Gesundheitsversorgung für die Menschen anbieten zu können. Für die Sicherung und Gewinnung gut qualifizierter Fachkräfte für den ÖGD ist das Land Brandenburg schon im Jahr 2018 dauerhaft der „Akademie für Öffentliches Gesundheitswesen in Düsseldorf“ beigetreten, um so die Aus-, Fort- und Weiterbildung der Beschäftigten des ÖGD zu verbessern. Genau wie die Kreise und kreisfreien Städte haben auch wir ein Interesse daran, dass die Finanzierung des „Paktes für den Öffentlichen Gesundheitsdienst“ über das Jahr 2026 hinaus fortgeführt wird und setzen uns dementsprechend gegenüber dem Bund dafür ein.
Corona hat gezeigt wie wichtig ein gut funktionierender Öffentliche Gesundheitsdienst ist. Der ÖGD nimmt weiterhin eine wichtige Rolle bei den vielfältigen Aufgaben der Gesundheitsvorsorge in Brandenburg ein. Eine Stärkung des Öffentlichen Gesundheitsdienstes, u.a. durch eine gute personelle  Ausstattung, ist von grundlegender Bedeutung. Die gegenwärtige Landesregierung hat neue Stellen geschaffen, dies zu verstetigen wird eine langfristige Aufgabe werden. Viele weitere Herausforderungen gibt es umzusetzen: z.B. Digitalisierung, Maßnahmen zur Steigerung der Attraktivität und zur zukunftsorientierten Ausrichtung des ÖGD
Der öffentliche Gesundheitsdienst (ÖGD) ist mehr als die dritte Säule der Gesundheitsversorgung, sondern ein wichtiger und neutraler Ansprechpartner und Partner für die Gesundheit der Bevölkerung vor Ort, in den Kommunen und Sozialräumen. Der ÖGD ist ein Gesundheitsnetzwerker in den Bereichen Gesundheitsförderung, Gesundheitshilfen, Gesundheitsschutz und Gesundheitsplanung - und das weit über den Gesundheitsbereich hinaus, wie das Beispiel Hitzeschutz zeigt. Um dies gewährleisten zu können, bedarf es einer multiprofessionellen Aufstellung und Ausrichtung, in das Prinzip „health in all policies” praktisch gelebt wird. Wir haben mit den Mitteln aus dem Pakt für den ÖGD die Gesundheitsämter im Land deutlich gestärkt, mehr als 150 neue Stellen geschaffen und setzen die Digitalisierung des ÖGD konsequent fort. Dies alles geschieht unter dem Dach eines Zukunftskonzepts für den ÖGD in Brandenburg, das auch die Gewinnung von Nachwuchsfachkräften und die wissenschaftliche Flankierung im Blick hat, um evidenz-basierte Gesundheitspolitik vor Ort zu gestalten.
Die Umsetzung des „Pakts für den Öffentlichen Gesundheitsdienst“ muss kontrolliert vorangetrieben werden. Das betrifft die personelle Ausstattung wie auch die digitale Infrastruktur. Sichergestellt werden muss aber, dass die Mittel des Bundes für diesen Pakt auch über das Jahr 2026 hinaus zur Verfügung stehen. Wir wollen, dass es bei der zukünftigen Medizinerausbildung in der Lausitz auch eine Quote für den ÖGD gibt. Die Nachwuchsgewinnung dürfte für die Arbeitsfähigkeit der Gesundheitsämter, des Sozialpsychiatrischen Dienstes und den Kinder- und Jugendärztlichen Dienstes entscheidend sein.
Darüber hinaus werden wir dafür sorgen, dass ein gute Aus- und Weiterbildung sichergestellt wird. Die Akademie für öffentliches Gesundheitswesen in Düsseldorf wird deshalb weiter von uns finanziell unterstützt.