Seit Ausbruch der Corona-Pandemie ist das Engagement der Pflegekräfte einmal mehr in das Bewusstsein der Öffentlichkeit gerückt. Kehrt mit der steigenden Impfquote gegen COVID-19 nun wieder Normalität in die Pflegeeinrichtungen ein? Vermutlich nicht. Denn unabhängig von Corona arbeiten Pflegerinnen und Pfleger gesundheitlich am Limit. Hohe Arbeitsbelastungen und die oft fehlende Wertschätzung ihrer Arbeit prägen das Berufsbild. Der Krankenstand und der Grad der Erwerbsminderungsverrentung haben solche Ausmaße angenommen, dass umgerechnet allein in Berlin mehr als 1.200 Stellen in Pflegeheimen und Krankenhäusern derzeit nicht besetzt sind. In Brandenburg sind es 680 unbesetzte Stellen. Zu diesem Ergebnis kommt die Barmer in ihrem Pflegereport 2020. Für ihn hat sie Diagnosen, Krankschreibungen, Arzneimittelverordnungen und Krankenhausaufenthalte von Beschäftigten in der Alten- und Krankenpflege analysiert.
Hohe Arbeitsbelastungen führen in der Pflege vermehrt zu Fehlzeiten
In Berlin lag der Krankenstand in den Jahren 2016 bis 2018 branchenübergreifend im Durchschnitt bei 5,6 und in Brandenburg bei 6,2 Prozent. Das heißt, an einem durchschnittlichen Arbeitstag waren von 100 Beschäftigten rund sechs krankgeschrieben. Die Krankenstände in der Pflegebranche lagen deutlich über dem Durchschnitt. Am höchsten lag dieser bei den Altenpflegehilfskräften in Berlin mit 9,5 Prozent und in Brandenburg mit 9,0 Prozent.
Jede zweite Pflegehilfskraft hat mit Depressionen zu kämpfen
Pflegekräfte leiden deutlich häufiger an Rückenschmerzen, psychischen Erkrankungen, Bluthochdruck oder Adipositas als andere Berufsgruppen. Innerhalb der Pflegekräfte tragen die Altenpflegehilfskräfte (im Schaubild dunkelgrün) die höchste Krankheitslast. So litten in den Jahren 2016 bis 2018 von 100 Altenpflegehilfskräften 93 an Bluthochdruck, 57 an einer depressiven Episode und 49 an Adipositas.
Häufig werden Pflegekräfte selber zu Pflegefällen
Pflegekräfte müssen häufiger und länger im Krankenhaus behandelt werden als andere Berufsgruppen. So waren in der Berufsgruppe der Altenpflegefachkräfte im Jahr 2017 von 1.000 Beschäftigten 170 im Krankenhaus, während es bei anderen Berufsgruppen 136 waren. Noch mehr Krankenhausfälle gab es unter den Altenpflegehilfskräften mit 184 je 1.000 Beschäftigen.
Letzter Ausweg Erwerbsminderungsverrentung
Laut dem DGB-Index „Gute Arbeit“ gehen Pflegekräfte häufiger als andere Berufsgruppen davon aus, ihren Beruf nicht bis zum Renteneintrittsalter ausüben zu können. Auf Grundlage der Versichertendaten hat die Barmer die Eintritte in die Erwerbsminderungsrente je 1.000 Versicherte ausgezählt. Am höchsten ist die Erwerbsminderungsverrentung bei den Altenpflegehilfskräften. Von 1.000 Beschäftigen ließen sich in den Jahren 2016 bis 2018 in Berlin im Durchschnitt 8,1 verrenten, in Brandenburg 4,8 und in anderen Berufen waren etwas mehr als drei.
Hunderte unbesetzte Stellen durch Krankenstand und Erwerbsminderungsverrentung
Die hohen Krankenstände und der hohe Grad an Erwerbsminderungsverrentung entziehen dem Pflegemarkt Arbeitskräfte. Würden unter Pflegekräften die gleichen Krankenstände und Frühverrentungsraten bestehen wie in anderen Berufsgruppen, wären allein in Berlin über 1.200 Pflegestellen mehr besetzt, in Brandenburg 680 und bundesweit rund 26.000. „Es ist ein Alarmzeichen, dass die hohen Arbeitsbelastungen in der Alten- und Krankenpflege sich so massiv auf die Gesundheit der Beschäftigten auswirken. Einen solchen Verschleiß können wir uns in der Pflegebranche nicht leisten“, sagt Gabriela Leyh, Landesgeschäftsführerin der Barmer Berlin/Brandenburg. „Wenn den Beschäftigten geholfen und Fachkräfte gehalten werden sollen, müssen Träger und Einrichtungen stärker und kontinuierlich auf Konzepte des betrieblichen Gesundheitsmanagements setzen, die Stress reduzieren, Achtsamkeit fördern und Wertschätzung erfahrbar machen.“ Sofortmaßnahmen zur gesundheitlichen Prävention für Pflegekräfte, die in der Corona-Pandemie digital umgesetzt werden, bietet der Verband der Ersatzkassen (vdek) im Rahmen des Programms MEHRWERT:PFLEGE an.
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