Potsdam, 23. November 2023 – In Brandenburg führen psychische Erkrankungen zu immer mehr Krankschreibungen, Rehabilitationsmaßnahmen und Erwerbsminderungsrenten. Betriebe stehen angesichts dieser Entwicklung und des Arbeitskräftemangels vor großen Herausforderungen. Darauf weisen die BARMER und die Deutsche Rentenversicherung Berlin-Brandenburg in einer gemeinsamen Pressekonferenz hin.
Anstieg der Krankschreibungen um fast 20 Prozent
Die Krankschreibungen wegen psychischer Leiden sind in den vergangenen acht Jahren in Brandenburg um 19,7 Prozent gestiegen. Waren im Jahr 2014 noch 7,6 Prozent der Beschäftigten wegen einer psychischen Erkrankung arbeitsunfähig gemeldet, erhöhte sich der Anteil bis zum Jahr 2021 auf 9,1 Prozent. Besonders gravierend sind die Folgen depressiver Erkrankungen. 92 Tage betrug laut Barmer die durchschnittliche Fehlzeit im Jahr 2022, wenn eine Arbeitskraft wegen einer depressiven Störung krankgeschrieben wird. Aber auch Angststörungen und somatoforme Störungen sorgten mit durchschnittlich 58,6 und 31,4 Fehltagen je Fall für hohe Krankenstände.
Fehltage junger Beschäftigter haben sich verdoppelt
Am stärksten sind die Fehlzeiten wegen psychischer Erkrankungen bei jungen Beschäftigten gestiegen. In der Altersgruppe der 15- bis
19-Jährigen haben sich die Fehltage wegen psychischer Erkrankungen sogar verdoppelt. Sie stiegen von 1,2 Tage je Beschäftigtem im Jahr 2014 auf 2,3 Tage im Jahr 2022 an. Am geringsten lag die Zunahme bei den 40 bis 44-Jährigen. Hier stiegen die Fehlzeiten im gleichen Zeitraum um fünf Prozent auf 4 Fehltage je Beschäftigtem.
Verdreifachung der Erwerbsminderungsrenten bei älteren Beschäftigten
Psychische Erkrankungen schlagen sich auch bei den Erwerbsminderungsrenten nieder. Während in der mittleren Altersgruppe der 45- bis 54-Jährigen die Zahl der Beschäftigten, die wegen einer psychischen Erkrankung eine Erwerbsminderungsrente in Anspruch nahmen, in den vergangenen Jahren sank, stieg sie bei älteren Beschäftigten deutlich an. In der Altersgruppe der über 60-Jährigen verdreifachte sich die Zahl der Erwerbsminderungsrenten von 112 im Jahr 2014 auf 340 im Jahr 2022.
Immer mehr Frauen wegen psychischer Erkrankungen in Reha
Um eine Erwerbsminderungsverrentung zu vermeiden, bietet die Rentenversicherung Beschäftigen stationäre oder ambulante Rehabilitationsmaßnahmen an. Im Jahr 2022 haben rund 1.700 weibliche und 1.500 männliche Beschäftigte eine Rehabilitationsleistung aufgrund einer psychischen Erkrankung durchgeführt. Bei den Frauen war dies die höchste Zahl seit Jahren. Bei Männern war die Inanspruchnahme nur in den Jahren 2014 und 2015 mit 1.500 und 1.600 Reha-Leistungen höher. Die meisten Rehabilitationsleistungen wegen psychischer Erkrankungen wurden von älteren Beschäftigten wahrgenommen. In der Altersgruppe der über 60-Jährigen stiegen die durchgeführten Reha-Leistungen um mehr als 150 Prozent von 270 im Jahr 2014 auf rund 700 im Jahr 2022.
Psychische Erkrankungen Ursache Nummer eins bei Kinder-Rehas
Christian Wolff, stellvertretender Geschäftsführer der Deutschen Rentenversicherung Berlin-Brandenburg, betont, dass Reha-Leistungen bei psychischen Erkrankungen nicht nur für Erwerbstätige in Frage kommen. So hätten in Brandenburg im Jahr 2022 rund 300 Kinder eine Rehabilitation wegen einer seelischen Erkrankung abgeschlossen. Psychische Erkrankungen sind Ursache Nummer eins für Rehabilitationsleistungen bei Kindern. Sie machten im Jahr 2022 in Brandenburg 39,3 Prozent aller Kinderrehabilitationen aus, gefolgt von Endokrine, Ernährungs- und Stoffwechselerkrankungen (19,4 Prozent) und Krankheiten des Atmungssystems (16,3 Prozent).
Gabriela Leyh, Landesgeschäftsführerin der Barmer Berlin/Brandenburg: „Die steigenden Krankschreibungen wegen psychischer Erkrankungen sind ein Alarmzeichen und setzten Brandenburgs Unternehmen mehr zu als noch vor ein paar Jahren. Sie können ihren Teil zur Vermeidung psychischer Belastungen beitragen, indem sie die vom Gesetzgeber vorgeschriebenen Gefährdungsanalysen am Arbeitsplatz regelmäßig durchführen. Unnötige gesundheitliche Risiken können so ab- und ein positives Betriebsklima aufgebaut werden.“
Christian Wolff, stellvertretender Geschäftsführer der Deutschen Rentenversicherung Berlin-Brandenburg: „Für uns ist es ganz wichtig, dass unsere Versicherten mit Leistungen zur medizinischen Reha im Erwerbsleben bleiben können. Alle wissenschaftlichen Studien belegen, dass die dauerhafte Teilhabe im Beruf und der Gesellschaft deutlich zur Gesundheit beitragen. Natürlich gibt es auch solche starken Einschränkungen, dass nur noch eine Erwerbsminderungsrente in Betracht kommt. Auch da stehen wir unseren Versicherten mit Rat und Tat zur Seite.“