Frau Hardeling, nach unseren Daten sind vor allem Männer zwischen 20 und 39 Jahren kokainsüchtig. Was macht diese Gruppe so anfällig?
Hardeling: Junge Männer in der Altersgruppe sind besonders anfällig für abhängigen Kokainkonsum, da sie häufig hohem beruflichen und gesellschaftlichen Druck ausgesetzt sind und die Droge als Leistungs- oder Partydroge genutzt wird. In bestimmten sozialen Kreisen ist Kokainkonsum verbreitet und wird oft verharmlost, während die natürliche Risikobereitschaft dieser Altersgruppe den Einstieg begünstigt. Zudem spielen psychische Belastungen wie Stress oder Depressionen eine Rolle, wodurch manche Kokain als Selbstmedikation nutzen.
Ist die Tatsache, dass Kokain eine illegale Droge ist, für Betroffene eine zusätzliche Hemmschwelle, sich professionelle Hilfe zu suchen?
Hardelinig: Ja, die Illegalität von Kokain kann eine Hemmschwelle darstellen, sich Hilfe zu suchen. Konsumierende könnten befürchten, strafrechtlich verfolgt zu werden oder gesellschaftliche Stigmatisierung zu erfahren, wenn sie ihren Konsum offenlegen. Dennoch gibt es zahlreiche anonyme und vertrauliche Beratungsangebote, die Unterstützung bieten, ohne rechtliche Konsequenzen zu befürchten. Das digitale Beratungsangebot www.suchtberatung.digital kann eine erste Möglichkeit sein, online erste Informationen zu erhalten und Kontakt zur regionalen Suchtberatungsstelle aufzunehmen.
Wie verlaufen Beratungsgespräche mit kokainsüchtigen Menschen in der Regel? Welche Wege können Sie aufzeigen?
Hardeling: Beratungsgespräche mit Kokainabhängigen zielen darauf ab, das Konsumverhalten zu reflektieren, zu klären, in welchen Situationen konsumiert wird und welche negativen Folgen durch den Konsum entstanden sind. Es wird erarbeitet, welche Motive den Ratsuchenden unterstützen, den Konsum zu beenden. In gemeinsamen Gesprächen mit der Beratungsperson wird dann geklärt, welche Möglichkeiten der Behandlung, wie zum Beispiel eine ambulante oder stationäre Rehabilitationsbehandlung, in Frage kommen.
Können Sie Beispiele nennen, welche sozialen Auswirkungen? Kokainkonsum haben kann?
Hardeling: Kokainkonsum kann das soziale Leben stark belasten, indem er zu Beziehungsproblemen, sozialer Isolation und finanziellen Schwierigkeiten führt, da Betroffene oft ihr Verhalten verändern, Verpflichtungen vernachlässigen und in Schulden geraten. Beruflich kann der Konsum Leistungsabfall, Fehlzeiten und sogar Jobverlust verursachen, während strafrechtliche Konsequenzen zum Beispiel durch Beschaffungskriminalität oder den Verlust des Führerscheins drohen. Die Illegalität der Droge erhöht zudem das Risiko von polizeilichen Ermittlungen und gesellschaftlicher Stigmatisierung.
Welche akuten gesundheitlichen Folgen kann der Kokainkonsum verursachen?
Hardeling: Kokainkonsum verursacht ernsthafte gesundheitliche Probleme, die auch durch die schnelle Toleranzentwicklung begünstigt werden: Das heißt, man muss immer mehr konsumieren, um die gleiche psychische Wirkung zu erzielen. Bei erhöhten Dosen nehmen die Risiken aber deutlich zu. Krampfanfälle, Verengung der Blutgefäße, beziehungsweise ein sogenannter Kokainschock, der zu einem rapiden Abfall des Blutdrucks führt, Verwirrtheit und Bewusstseinsstörungen sowie gesteigerte Aggressivität bis hin zu Kreislaufversagen und Herzinfarkt können durch den Konsum verursacht werden. Langfristig kann der Konsum unter anderem zu Organschäden, kognitiven Einschränkungen sowie Herz-Kreislauferkrankungen führen.
Gibt es Selbsthilfegruppen für Menschen mit Kokainsucht?
Hardeling: Es gibt eine Vielzahl von Angeboten zur Unterstützung von suchtmittelabhängigen Menschen. Selbsthilfeangebote können sowohl klassische Selbsthilfegruppen vor Ort, als auch digitale Angebote sein. Sie sind unter anderem über die Webseite der Deutschen Hauptstelle für Suchtfragen e.V. zu finden (www.dhs.de). Wichtig ist, dass Betroffenen das für sie passende Angebot finden.