In Deutschland arbeiten im europäischen Vergleich überdurchschnittlich viele Pflegekräfte. Dennoch wird über Personalnotstand und Qualitätsgefälle in der Pflege diskutiert. "Pflege ist eine Hybrid-Branche. Wenn wir den Pflegemangel wirksam bekämpfen wollen, müssen wir alle Bereiche der Pflege gemeinsam betrachten und zügig umsetzbare Gestaltungsmöglichkeiten für die Pflege in Akut-Kliniken, ebenso wie Reha-, ambulanten und stationären Pflegeeinrichtungen finden. Die Arbeitsbedingungen der Pflegenden muss, ebenso wie die Strukturen, viel stärker in den Focus genommen werden", fordert Professor Dr. Claudia Wöhler auf dem diesjährigen Pflegeforum der Barmer und des MDK Bayern mit 120 Teilnehmern aus Politik, Gesundheitswesen und Pflege. "Denn bessere Arbeitsbedingungen steigern die Mitarbeitergewinnung und -Bindung".
Als Arbeitgeber aktiv Einfluss auf die Attraktivität des Pflegeberufes nehmen
Die Verweildauer im Pflegeberuf beträgt derzeit zwischen 8,4 Jahren (Altenpflege) und 13,7 Jahren (Krankenpflege). Menschen in der Alten- und Krankenpflege haben schon heute nach Bus- und Straßenbahnfahrern die höchsten Krankenstände und leiden unter Schlafstörungen. Arbeitsbedingungen und Ansehen des Pflegeberufes sind verbesserungsfähig. "Arbeitgeber in Kliniken und Altenheimen müssten daher sowohl die physische als auch die psychische Gesundheit der Beschäftigten und die Organisation es Arbeitstages stärker in den Blick nehmen," so Wöhler. Gerade Führungskräfte hätten erheblichen Einfluss auf die Gesundheit der Mitarbeiter und die Attraktivität des Pflegeberufes. Wertschätzung, eine effektive Arbeitsorganisation und soziale Unterstützung seien wichtig für eine gesundheitsfördernde Führung. So könne Stress und Frustration bei den Beschäftigten gemindert werden. Auch das Arbeiten auf Augenhöhe und gemeinsame Besprechungen von Ärzten, Geschäftsführung und Pflege selbstverständlich sein.
Digitale Mehrwerte für Beschäftigte und Pflegebedürftige erschließen
"Die Digitalisierung als Ergänzung der medizinischen und pflegerischen Versorgung muss deutlich mehr genutzt werden, um Mehrwerte für die Beschäftigten aber auch für die Patienten und Pflegebedürftigen zu erschließen", sagt Wöhler. Die digitale Vernetzung aller Fachbereiche/Abteilungen erleichtere die Dokumentation und hausinterne Kommunikation. Belastende Doppeluntersuchungen und Fehlversorgung von Patienten und Pflegebedürftigen können vermieden und durch die Nutzung von Assistenzsystemen Mitarbeiter entlastet werden.