München, 13. November 2024 – Drehen, Schwanken, Gleichgewichtsverlust: Bei rund 5,6 Prozent der Bevölkerung in Bayern wurde im Jahr 2023 die Diagnose Schwindel dokumentiert. Das entspricht rund 751.000 Menschen im Land. Damit hat sich die Zahl der Betroffenen im Vergleich zum Jahr 2012 fast verdoppelt (+ 48 Prozent), als nur rund 3,8 Prozent der Menschen in Bayern entsprechend diagnostiziert wurden. Das zeigt eine Auswertung des aktuellen BARMER Arztreport. "Bei Schwindel handelt es sich nicht um ein eigenständiges Krankheitsbild, sondern um ein sogenanntes multisensorisches Syndrom, also eine gestörte Wahrnehmung verschiedener Sinne. Die Ursachen können vielfältig sein. Wer öfter unter erheblichem Schwindel leidet, sollte eine Arztpraxis aufsuchen, um schwere Erkrankungen wie Nervenentzündungen auszuschließen und einen Ansatz für eine Behandlung zu finden", rät Dr. Ursula Marschall, leitende Medizinerin bei der BARMER. Häufig sei gutartiger Lagerungsschwindel die Ursache, der auf kristalline Ablagerungen in einem der Bogengänge im Innenohr zurückzuführen sei. Durch diese Ablagerungen werden die Sinneszellen gereizt und der typische Drehschwindel ausgelöst, der aber gut behandelt werden könne.
Vor allem Ältere und Frauen betroffen
Bei rund 15 Prozent der 70 bis 79-Jährigen im Land wurde im Jahr 2023 die Diagnose Schwindel gestellt. In der Altersgruppe ab 80 Jahren hat sogar jeder vierte Mensch in Bayern diese Diagnose erhalten. Frauen sind zudem häufiger von Schwindel betroffen als Männer: Während die Diagnoserate bei Männern im Jahr 2023 bei rund 4,4 Prozent lag, fiel die Rate bei den Frauen mit 6,8 Prozent deutlich höher aus. "Schwindel, lateinisch auch Vertigo genannt, kann Betroffene stark verunsichern, wenn er regelmäßig im Alltag auftritt. Die Dreh- oder Fallgefühle in Verbindung mit Übelkeit und Gangunsicherheit können zu der Angst führen, dass man den Anforderungen des Alltags nicht mehr gewachsen ist oder sich durch Stürze verletzt", sagt Alfred Kindshofer, Landeschef der BARMER in Bayern. Betroffenen rate er deshalb, sich ärztliche Hilfe zu suchen, wenn Schwindelgefühle zu einer psychischen Belastung führen oder den Alltag erheblich einschränken. Eine gute erste Anlaufstelle für Betroffene sei die Hausarztpraxis.
Schwindel tritt unterschiedlich auf
Rund jeder Dritte hat einmal im Leben einen Schwindelanfall, wobei die Anfälligkeit mit höherem Alter deutlich steigt, erklärt Alfred Kindshofer. Meist bestehe kein Grund zur Sorge und der Schwindel gehe so schnell vorüber, wie er gekommen ist. Unter Umständen könne aber auch eine Erkrankung den Schwindel verursachen. Neben Herz-Kreislauf-Erkrankungen und Erkrankungen der Ohren könnten auch psychische Probleme zu Schwindel führen. Entsprechend vielfältig seien die Behandlungsmöglichkeiten, die von Medikamenten über Physiotherapie bis zu selteneren Operationen führen könnten. Patientinnen und Patienten könnten aber die Diagnosestellung unterstützen, indem sie ihr Befinden genau beschreiben. „Der Begriff Schwindel wird alltagssprachlich sehr unterschiedlich genutzt. Für Betroffene ist es deshalb sehr wichtig, dass sie ihre Symptome sprachlich so präzise wie möglich beschreiben. Das erleichtert Ärztinnen und Ärzten die Diagnosestellung“, so der BARMER-Landeschef. Sprachliche Analogien wie das Schwanken eines Schiffs, die Fahrt eines Aufzugs oder das Drehen eines Karussells könnten helfen, um Krankheitsbilder zu identifizieren und voneinander abzugrenzen.
Hintergrund:
Untersucht wurde die Diagnose ICD-10 R42 „Schwindel und Taumel“. Dargestellt wird die Prävalenz der Erkrankung. Die Auswertung basiert auf Abrechnungsdaten der BARMER, die bundesweit rund 8,5 Millionen Menschen versichert, rund 1,1 Millionen davon in Bayern.
Alle Daten wurden mittels Standardisierung und Hochrechnung an den tatsächlichen Bevölkerungsdurchschnitt angeglichen und erhalten deshalb repräsentative Aussagekraft über das Maß reiner Abrechnungsdaten hinaus.