München, 15. April 2021 – Bei der Verordnung von Magensäureblockern ist in Bayern nach massiven Anstiegen über viele Jahre hinweg eine Trendwende erreicht. Auswertungen der Barmer haben ergeben, dass Ärztinnen und Ärzte im Jahr 2019 rund 1,7 Millionen Menschen in Bayern mindestens einmal sogenannte PPI verschrieben haben. Das sind 15 Prozent weniger als noch im Jahr 2016 (1,99 Millionen Menschen), aber immer noch rund 68 Prozent mehr als im Jahr 2006. PPI's sollen vor allem gegen Sodbrennen, Magenentzündungen und Magengeschwüre helfen. "Es ist ein gutes Zeichen, dass die Ärzteschaft in Bayern weniger Magensäureblocker verordnet. Die langjährige Debatte um die Sinnhaftigkeit und die Nebenwirkungen von Protonenpumpen-Inhibitoren sowie die vermehrte Aufklärung und verbesserte Arzt-Patientenbeziehungen scheinen Wirkung zu zeigen," sagt Professorin Dr. Claudia Wöhler, Landesgeschäftsführerin der Barmer in Bayern. Unter dem Strich würden aber immer noch zu viele Magensäureblocker verschrieben. Die hohen Verordnungsraten blieben rein medizinisch oder demografisch nicht erklärbar, so Wöhler.
Ernsthafte Nebenwirkungen und hohes Abhängigkeitsrisiko
PPI kommen häufig bei Bauchschmerzen, Blähungen und Übelkeit zum Einsatz. In vielen Fällen werden sie auch nach Operationen und gemeinsam mit Schmerzmitteln, die die Magenschleimhaut reizen, verschrieben. Zu den Nebenwirkungen der PPI zählen ein erhöhtes Osteoporose-Risiko, Nierenerkrankungen, Magnesiummangel und eine höhere Anfälligkeit für Darminfektionen. Wenn sich der Organismus an die PPI gewöhnt hat, kann es außerdem zur Abhängigkeit kommen. Denn das Absetzen des Medikaments kann Überproduktion von Magensäure auslösen. Die Patientinnen und Patienten bekommen wieder Magenschmerzen oder Sodbrennen und greifen erneut zu Magensäureblockern.
Entgegengesetzter Trend bei Kindern und Jugendlichen
Während die Verordnungen allgemein rückläufig sind, stellt die Barmer bei Kindern und Jugendlichen einen entgegengesetzten Trend fest. Demnach stieg die Anzahl der Verordnungen in der Altersgruppe der 10- bis 14-Jährigen zwischen den Jahren 2006 und 2019 bundesweit um 173 Prozent. Damit bekamen, hochgerechnet für Deutschland, im vorvergangenen Jahr rund 42.500 Kinder und Jugendliche Magensäureblocker verordnet. „Der Grund für die hohe Zahl junger Menschen mit PPI-Verordnung könnte sein, dass sie sich häufig unter Druck fühlen, der ihnen buchstäblich auf den Magen schlägt,“ vermutet Wöhler. Unter den 15- bis 19-Jährigen stieg der Anteil um 165 Prozent, was mehr als 168.000 der Personen dieses Alters entspricht. Bei den 20- bis 24-Jährigen lag das Plus bei 123 Prozent, also 272.000 junge Frauen und Männer.