In keiner anderen Region in Deutschland ist die Rate an chronischen Schmerzpatientinnen und -patienten niedriger als im Landkreis Dillingen an der Donau. 279 je 10.000 Einwohnerinnen und Einwohner leiden dort länger als sechs Monate an Schmerzen. Landesweites Schlusslicht ist Landshut mit 856 Betroffenen je 10.000 Einwohner. Das geht aus dem in München vorgestellten Schmerz-Atlas des bifg hervor, der Abrechnungsdaten aus dem Jahr 2021 analysiert hat. Demnach leiden in Bayern 499 je 10.000 Einwohner an chronischem Schmerz. Damit liegt der Südosten der Republik um 13 Prozent unter dem Bundesschnitt von 571 je 10.000 Einwohner. "Schmerz macht den Alltag zur Tortur. Betroffene benötigen im Bedarfsfall eine ganzheitliche, multimodale Schmerztherapie. Sie soll verhindern, dass sich der Schmerz noch weiter chronifiziert", sagt Alfred Kindshofer, Landesgeschäftsführer der BARMER in Bayern. Wichtig sei zuerst eine umfassende Schmerzdiagnostik. Die BARMER biete ihren Versicherten dazu ein ambulantes interdisziplinäres multimodales Assessment an, kurz A-IMA. Diese neue Form der Untersuchung werde von Fachleuten verschiedener Disziplinen durchgeführt. Denn Schmerz habe viele Facetten und in der Regel nicht nur eine Ursache. Wenn es die Situation erfordere, könne darauf mit einer multimodalen Schmerztherapie individuell und ganzheitlich reagiert werden.
Chronischer Schmerz vor allem in Gesundheits- und Sozialberufen
Wie aus dem BARMER-Atlas weiter hervorgeht, tritt chronischer Schmerz bei Weitem nicht erst im Rentenalter auf. Zwischen 40 und 49 sowie 50 und 59 Jahren leiden in Bayern bereits 343 beziehungsweise 625 je 10.000 Einwohner darunter. Bei Betrachtung einzelner Branchen sind vor allem Beschäftigte im Gesundheits- und Sozialwesen mit 363 je 10.000 Einwohner betroffen. Die geringste Prävalenz liegt im Gastgewerbe mit 220 je 10.000 Einwohner vor. "Gerade für Berufstätige ist es wichtig, dass sie eine multimodale Schmerztherapie auch berufsbegleitend durchführen können. So vermeiden sie längere Arbeitsunfähigkeiten und integrieren die erlernten Fähigkeiten direkt in den Alltag", sagt Kindshofer. Die multimodale Schmerztherapie erfolge im Rahmen des Innovationsfondsprojektes PAIN2.0, an dem unter anderem die Deutsche Schmerzgesellschaft und die BARMER beteiligt seien. Dessen Ergebnisse würden wissenschaftlich evaluiert und sollten bei positiver Bewertung in die Regelversorgung übernommen werden.
Chronischer Schmerz ist eine eigenständige Erkrankung
Bei chronischem Schmerz sei es wichtig, einen ganzheitlichen Behandlungsansatz zu verfolgen. Denn der dauerhafte Schmerz sei nicht nur ein alleiniges körperliches Leiden, so Kindshofer. Auch die Seele spiele hierbei eine große Rolle. So litten in Deutschland zum Beispiel 39 Prozent der Personen mit chronischem Schmerz zugleich auch an einer Depression. Der multimodale Behandlungsansatz verbinde physiotherapeutische mit psychotherapeutischen Therapieansätzen. Darüber hinaus würden soziale Aspekte in die Therapie integriert. Dabei gehe es zum Beispiel darum, wie Schmerzpatienten trotz ihrer Erkrankung weiter arbeitsfähig bleiben könnten oder wie sie im Zweifelsfall mit dem Verlust des Arbeitsplatzes umgingen.