München, 16. Dezember 2021 – Jedes Jahr erwerben mehr als 90.000 Patientinnen und Patienten in Krankenhäusern in Bayern eine sogenannte nosokomiale Infektion. Seit Beginn der Corona-Pandemie hat sich diese Situation verschärft: Bis Ende des Jahres 2020 gab es in Bayern mehr als 4.400 zusätzlich Infizierte und mindestens 170 weitere Todesfälle aufgrund einer nosokomialen Infektion. Das geht aus dem aktuellen Barmer Krankenhausreport hervor. "Auf den ersten Blick mag es überraschen, dass die Zahl der nosokomialen Infektionen während der Pandemie und den damit verbundenen strengen Hygienevorschriften zugenommen hat. Doch gerade während der ersten Welle lagen vor allem ältere Menschen auf den Stationen, die deutlich anfälliger für Infektionen sind. Hinzu kommt die hohe Arbeitsbelastung für das Klinikpersonal, dem es besonders in der ersten Welle mitunter auch an Schutzausrüstung mangelte", sagt Professorin Dr.r Claudia Wöhler, Landesgeschäftsführerin der BARMER in Bayern.
Hygienestandards während der Pandemie nicht komplett einhaltbar
Die benannten Hygienedefizite in Krankenhäusern seien keine Kritik am Pflegepersonal oder an den Ärztinnen und Ärzten, so Wöhler weiter. Sie leisteten Enormes, das hätten sie in der Corona-Pandemie erneut unter Beweis gestellt. "Das Krankenhauspersonal war während der ersten und zweiten Welle der Corona-Pandemie offenbar so belastet, dass es die hohen erforderlichen Hygienestandards nicht immer vollständig einhalten konnte. Dabei ist das gerade in Pandemiezeiten ein extrem wichtiger Aspekt, der über Leben und Tod entscheiden kann", sagt die Barmer Landeschefin.
Deutlicher Anstieg der im Krankenhaus erworbenen Infektionen
Wie aus dem Barmer-Report weiter hervorgeht, kam es in den Jahren 2017 bis 2019 durchschnittlich in rund 5,6 Prozent der Fälle zu einer nosokomialen Infektion. Dies geht aus einer Stichprobe von bundesweit fünf Millionen Fällen hervor. Unmittelbar zu Beginn der Pandemie stieg dieser Wert auf 6,8 Prozent an, was einem Zuwachs von über 20 Prozent binnen weniger Wochen entspricht. "Dass die Zahl der Krankenhausinfektionen während der Pandemie gestiegen ist, kann neben der veränderten Patientenstruktur und vulnerablen Fällen auch auf die erhöhte Arbeitsbelastung in Kliniken und Personalausfälle zurückgeführt werden", sagt Wöhler.
Einhaltung von Hygienestandards kontrollieren
Um das Problem der Krankenhausinfektionen in den Griff zu bekommen, fordere die Barmer neben einem Masterplan für mehr Hygiene vor allem auch vermehrt unangekündigte Kontrolle durch den ÖGD. Auch deshalb sei eine Stärkung des ÖGDein unausweichlicher Schritt und vollkommenen unabhängig von einer Pandemie notwendig. Deshalb solle der Gemeinsame Bundesausschuss mit dem Robert Koch-Institut eine Richtlinie mit verbindlichen Mindestanforderungen an die Struktur- und Prozessqualität zur Anwendung von Hygienemaßnahmen im Krankenhaus erarbeiten, so Wöhler weiter. Die Einhaltung dieser Mindestanforderungen sollten die Krankenhäuser dann in ihren Qualitätsberichten veröffentlichen müssen.