Nürnberg, 24. April 2018 – Nicht nur in Deutschland sondern weltweit sind Depressionen auf dem Vormarsch. Auch Studierende in Bayern sind immer häufiger betroffen. Rund 47.000 Studierende erhielten 2016 eine psychische Diagnose. "Unser Arztreport 2018 zeigt in Bayern eine alarmierende Entwicklung," erläutert Dr. Claudia Wöhler, Landesgeschäftsführerin der Barmer in Bayern. "Wir müssen verstärkt in niedrigschwellige Angebote investieren, die jungen Menschen helfen, eine psychische Erkrankung zu verhindern“, fordert Wöhler.
Die Weltgesundheitsorganisation prognostiziert, dass in naher Zukunft in Industrieländern Depressionen die Hauptursache für vorzeitigen Tod sein werden, noch vor Alzheimer oder Diabetes. In Bayern waren 2016 298.000 der 18- bis 25-jährigen von psychischen Erkrankungen betroffen. Das ist fast jeder Vierte (24,6%). 85.000 junge Erwachsene erhielten die Diagnose Depression. Das ist eine Steigerung seit 2006 um 45 Prozent. 39.700 junge Erwachsene in Bayern erhielten Antidepressiva. Auch diese Zahl stieg in den letzten 10 Jahren um 52 Prozent. Insgesamt stieg die Zahl der Depressions-Diagnosen bei jungen Erwachsenen in Bayern von 4,82 Prozent im Jahr 2006 auf rund 7 Prozent im Jahr 2016. Auch die Zahl der verordneten Antidepressiva stieg in Bayern von 2,2 Prozent im Jahr 2006 auf 3,3 Prozent 2016.
Heterogenes Bild innerhalb Bayerns
Innerhalb Bayerns sind Depressions-Diagnosen und Antidepressiva-Verordnungen bei jungen Erwachsenen ungleich verteilt. Betrachtet man allein den Zeitraum 2013 bis 2016 so werden in Würzburg, (+39%) Mühldorf a. Inn (+ 42%) und Nürnberg (+ 34%) mehr Depressionsdiagnosen bei jungen Erwachsenen gestellt als im Bundesdurchschnitt. In Lindau (- 41%), im Ost- und Oberallgäu (- 29%; - 16%) werden weniger Depressionen diagnostiziert. Auch bei den Verordnungen von Antidepressiva zeigt sich in Bayern ein heterogenes Bild. Während zum Beispiel in Würzburg, (53%) Mühldorf a. Inn ( + 48%) und Nürnberg (+24%) die Verordnungen im Zeitraum 2013 bis 2016 deutlich über Bundesdurchschnitt liegen, werden in Lindau ( – 32%) im Ost- und Oberallgäu (-28% und – 18%) deutlich weniger Antidepressiva verordnet.
Mehr niedrigschwellige Hilfsangebote erforderlich
Im jungen Erwachsenenalter werden entscheidende Weichen für das spätere berufliche wie private Leben gestellt. "Aus Sicht der Barmer sind deshalb vor allem niedrigschwellige Angebote wichtig, die zum einen psychische Erkrankungen verhindern oder zum anderen junge Erwachsene frühzeitig erreichen, bei denen Depressionen oder Angstzustände ausgebrochen sind", erläutert Wöhler. „"Zur Stärkung der psychischen Gesundheit können qualitätsgesicherte Online-Angebote nützlich und wirksam sein. Sie müssen aber auch anonym sein und den Nutzungsgewohnheiten der Generation Smartphone entgegenkommen."
StudiCare der Universität Erlangen-Nürnberg
Die Barmer hat daher mit ihrem Partner, der Friedrich-Alexander Universität Erlangen-Nürnberg, das von der WHO unterstützte Projekt "StudiCare" aufgelegt. Ziel ist, Studierende gegen psychische Krisen zu wappnen und ihnen gleichzeitig auch zu helfen, mögliche psychische Erkrankungen frühzeitig zu erkennen. StudiCare ist eine Online-Coaching-Plattform an. Sie ist Bestandteil eines weltweiten Forschungsvorhabens und bietet 17 verschiedene expertenbetreute Trainings für die Studenten. Neben dem Barmer Arztreport belegen auch weitere Studien inzwischen das große Potential Internet- und App-basierter Angebote zur Förderung der psychischen Gesundheit. "Ein wichtiger Grund warum Betroffene keine Hilfe beim Arzt oder Psychotherapeuten suchen ist allerdings, dass viele schlicht und einfach ihre Probleme selbstständig lösen wollen", sagt Dr. David Ebert von der Universität Erlangen-Nürnberg. So vergehen in der Regel oftmals erstmals viele Jahre bevor Betroffene sich Unterstützung suchen, wenn Sie überhaupt jemals diesen Schritt wagen. Internet- und App-basierte Angebote könnten hier eine Lösung sein: "Sie können Betroffene dabei helfen bewährte psychologische Strategien selbstständig in den Alltag zu implementieren und so Beschwerden effektiv reduzieren und zukünftigen präventiv entgegenwirken", erläutert Ebert.
Erkrankungsrisiko mit Präventionsangebot PRO MIND verringern
Mit dem Online-Training PRO MIND können Depressionen nachweislich verhindert werden. Beispielsweise konnte das Risiko, innerhalb eines Jahres an einer Depression zu erkranken, um 40 Prozent reduziert werden. PRO MIND ist ein Präventionsangebot, das bei Vorliegen einer Erkrankung eine Therapie nicht ersetzen kann. Es ist für Menschen mit leichten psychischen Beschwerden gedacht und deckt die Themenbereiche Stress, Burnout, Schlafschwierigkeiten und depressive Stimmungen ab. Zentraler Baustein ist die persönliche Begleitung durch einen eCoach (Psychologen). Mehr zu PRO MIND finden Interessierte unter www.barmer.de/g100069.