München, 20. Mai 2020 – Immer mehr Menschen in Bayern benötigen eine Psychotherapie. Allein im Jahr 2018 suchten 572.000 Menschen einen Psychotherapeuten auf, und damit rund 21 Prozent mehr als 2009. Die Zahl der Psychotherapeuten ist im gleichen Zeitraum um 57 Prozent gestiegen von 1952 auf 3074. Nach Nordrhein-Westfalen ist Bayern damit das Bundesland mit den meisten Psychotherapeuten. Allerdings arbeiten immer weniger Therapeuten in Vollzeit. 73 Prozent der Psychologische Psychotherapeuten übten 2018 eine Vollzeittätigkeit aus; 2013 waren es noch 89 Prozent. Zudem lassen sich Therapeuten häufig in Regionen mit hoher Einwohnerdichte nieder. "Der pauschale Ruf nach mehr Therapeutensitzen ist deshalb nicht gerechtfertigt", sagt Professor Dr. Claudia Wöhler, Landesgeschäftsführerin der Barmer in Bayern. "Es ist erforderlich, dass die Therapeuten einen vollen Versorgungssitz auch in Vollzeit ausfüllten und dass stärker auf die regionale Verteilung der Therapeuten geachtet wird".
Großes Stadt-Land-Gefälle in Bayern
Die regionale Verteilung der Therapeuten im Freistaat ist ungleichmäßig. So sind in den Landkreisen Dachau (Versorgungsgrad 318,4 Prozent) und Starnberg (301,18 Prozent) dreimal so viele Therapeuten tätig wie laut Versorgungsplanung nötig wären. Auch die Stadt München hat einen Versorgungsgrad von 220 Prozent. Ganz anders sieht die Situation zum Beispiel im Landkreis Kehlheim aus. Dort ist der Versorgungsgrad bayernweit am niedrigsten (81,5 Prozent). „Die Wahrnehmung der Aufgabe in Teilzeit kann dazu führen, dass in einigen vor allem ländlichen Gebieten die faktische Unterversorgung größer ist, als die rein rechnerische“, stellt Wöhler fest. In München (60 Prozent über dem Bundesschnitt) werden bayernweit am häufigsten psychotherapeutische Leistungen in Anspruch genommen, in Amberg-Sulzbach am seltensten (50 Prozent unter dem Bundesschnitt).
Therapeuten und Patienten müssen klare Therapieziele vereinbaren
Die meisten Patienten waren mit der ambulanten Psychotherapie zufrieden. Etwa jeder Dritte war aber teilweise und ganz unzufrieden mit den Resultaten. Fast 89 Prozent der Patienten waren mit dem Vertrauensverhältnis zu Therapeuten sehr zufrieden. Dies zeigten die Ergebnisse einer repräsentativen Patienten-Umfrage im Zuge des Arztreportes. "Viele Patienten wünschen sich eine konkrete Lösung für ihre Probleme und haben entsprechende Erwartungen an die Therapie. Möglicherweise klaffen hier Anspruch und Wirklichkeit der Therapie auseinander. Deshalb sollten Therapeuten und Patienten gleich zu Beginn realistische Ziele vereinbaren", fordert Wöhler.
Grafik „PT in Bayern“ mit Quellenangabe Arztreport 2020/Barmer Bayern kostenfrei nutzbar.