Digitale Gesundheitsanwendungen (DiGA) verursachen hohe Kosten bei einem fragwürdigen Nutzen. Hinzukommt, dass jede fünfte App auf Rezept von den Patientinnen und Patienten gar nicht genutzt wird. Damit die DiGA die medizinische Versorgung verbessern, muss sich aber nicht nur deren Vergütungssystematik ändern.
Mit dem Digitale-Versorgung-Gesetz (DVG) vom 19. Dezember 2019 wurde erstmals für alle gesetzlich Krankenversicherten ein Anspruch auf die Versorgung mit Digitalen Gesundheitsanwendungen geschaffen. Jetzt zeigt sich, dass Anspruch und Wirklichkeit bei den Apps auf Rezept auseinanderklaffen. "Wenn eine Anwendung im DiGA-Verzeichnis gelistet ist und somit verordnet werden kann, dann übernehmen die Krankenkassen für diese ein Jahr lang die Kosten. Wie sich der Preis zusammensetzt, den die Hersteller aufrufen, ist für uns aber nicht wirklich transparent. Am medizinischen Nutzen der DiGA orientiert er sich jedenfalls nicht“, sagt Winfried Plötze, Landesgeschäftsführer der Barmer in Baden-Württemberg. Denn die Wirksamkeit müssen die DiGA erst in diesem einen Jahr nach deren Zulassung unter Beweis stellen. Und das sei bisher nur bei zwölf Apps der Fall gewesen.
DiGA sind dreimal teurer als Arzneimittel
Aktuell listet das Verzeichnis des Bundesamtes für Arzneimittel und Medizinprodukte 30 DiGA. Davon haben 18 eine vorläufige Zulassung erhalten. Binnen eines Jahres wurden die DiGA 45.000 Mal verschrieben. In Baden-Württemberg wurden durchschnittlich 50 DiGA je 100.000 gesetzlich Krankenversicherte verordnet. Im Vergleich zu jährlich 500 Millionen ausgestellten Arzneimittelrezepten zeigt sich, dass die DiGA noch eine untergeordnete Rolle in der medizinischen Versorgung spielen. Allerdings sind den Kassen bundesweit bereits Kosten in Höhe von 13 Millionen Euro entstanden. Denn die Hersteller können den Preis für ihre digitale Gesundheitsanwendung frei festlegen. Pro Quartal rufen sie bis zu 760 Euro auf. Damit wären DiGA dreimal so teuer wie Medikamente, wenn das Niveau der Arzneimittelverschreibungen erreicht werden würde. "Jede fünfte App auf Rezept wurde von den Patientinnen und Patienten gar nicht genutzt, aber trotzdem von den Kassen vergütet. Das ist so, als ob man sein Auto in der Werkstatt abgibt und anschließend dafür bezahlt, dass es nicht repariert wurde", bemängelt Plötze. Die Hersteller sollten den vollen Preis für ihr Produkt nur dann erhalten, wenn dieses nachweislich wirke, die Versorgung verbessere und von den Patientinnen und Patienten auch im vollen Umfang genutzt werde.
DiGA als Baustein für eine sektorenübergreifende Versorgung
Die Apps auf Rezept bergen ein hohes Innovationspotenzial für die medizinische Versorgung. Wichtig ist, dass durch die DiGA kein weiterer Sektor im Gesundheitswesen geschaffen wird. Deshalb muss die Möglichkeit genutzt werden, die Daten aus der digitalen Gesundheitsanwendung in die elektronische Patientenakte zu implementieren. Dadurch könnte ein Informationsaustausch zwischen Krankenhaus, Arztpraxis, Therapeuten und Patienten sichergestellt und die Therapie verbessert werden. Damit würden die Digitalen Gesundheitsanwendungen einen echten Mehrwert schaffen.