Stuttgart, 27. Dezember 2024 – Immer mehr Menschen in Baden-Württemberg sind wegen Kokainmissbrauchs in ärztlicher Behandlung. Das geht aus einer aktuellen Auswertung des Barmer Instituts für Gesundheitssystemforschung (bifg) hervor.
Demnach gab es im Jahr 2019 landesweit 3.460 behandelte Patientinnen und Patienten und im vergangenen Jahr 5.930. Bundesweit lag die Anzahl im Jahr 2023 bei rund 65.000 Patienten. Die meisten Betroffenen mit 15.280 wurden in Nordrhein-Westfalen behandelt, gefolgt von Niedersachsen mit 7.760. "Die Zunahme an Behandlungen wegen Kokainmissbrauchs in Baden-Württemberg ist Besorgnis erregend. Das wahre Ausmaß wird noch viel größer sein, da wir nur den Bruchteil der Betroffenen in ärztlicher Behandlung sehen. Auch die aktuelle bundesweite Kriminalstatistik zeigt, dass die Zahl der Kokaindelikte innerhalb eines Jahres, von 2022 auf 2023, um gut 27 Prozent gestiegen ist und damit einen neuen Höchststand erreicht hat", sagt Winfried Plötze, Landesgeschäftsführer der Barmer in Baden-Württemberg.
Männer zwischen 20 und 39 Jahren besonders stark betroffen
Wie aus dem Barmer-Atlas weiter hervorgeht, waren im vergangenen Jahr bundesweit rund 50.700 Patienten und 14.700 Patientinnen wegen Kokainkonsums in Behandlung. In Baden-Württemberg wurden 4.790 Männer und 1.140 Frauen medizinisch versorgt. Besonders häufig waren landesweit Männer zwischen 20 und 39 Jahren betroffen. Hier gab es 3.050 Patienten. "Kokain hat einen stimulierenden und aufputschenden Effekt. Deshalb wird es häufig als Leistungsdroge bezeichnet. Der vergleichsweise starke Kokainkonsum bei jungen Männern könnte auf einen massiven Leistungsdruck hindeuten, dem sie sich offenbar ausgesetzt sehen. Sei es im Beruf oder im Privatleben", so Plötze. In ganz jungen Jahren oder im Alter spiele Kokain als Suchtmittel hingegen nur eine untergeordnete Rolle. Jüngere Menschen hätten häufig nicht die finanziellen Mittel, um sich die teure Droge zu beschaffen. Hier sei der Konsum von Cannabis eher verbreitet. Bei älteren Menschen stünden der Alkohol- und Medikamentenmissbrauch im Vordergrund.
Sucht ansprechen – nicht wegsehen
"Es ist wichtig, Betroffene auf ihre Sucht anzusprechen", sagt Plötze. Denn der oder die Abhängige bemerke selbst oft nicht, dass der Suchtmittelkonsum bereits den Alltag eingeschränkt und das Verhalten verändert habe. Angehörige sollten ihre Beobachtungen teilen und offen über ihre Sorgen sprechen. Um eine Therapie zu beginnen und erfolgreich abzuschließen, müssten die Betroffenen selbst erkennen, dass sie ein Problem haben. Plötze: "Angehörige oder Freunde sollten sich selbst Unterstützung für diese schwierige Situation holen. Fachambulanzen oder Suchberatungsstellen sind die richtigen Ansprechpartner." Frühzeitige Hilfe sei entscheidend, um das Aufhören zu erleichtern und die Auswirkungen der Sucht auf Familie und Freundeskreis zu minimieren.
Datenquelle:
Auswertungen von Barmer-Versichertendaten, hochgerechnet auf die reale Bevölkerungsstruktur in Baden-Württemberg. Erfasst wurden alle Personen, für die mindestens einmal eine ICD Diagnose F14 (Psychische und Verhaltensstörungen durch Kokain) im ambulanten oder stationären Bereich (Haupt- oder Nebendiagnose) abgerechnet wurde.