Stuttgart, 10. April 2019 – Lassen sich über Computerspiele Körper und Geist trainieren? Ja, das geht. Und zwar auch im fortgeschrittenen Alter. Das Digital Health StartUp RetroBrain hat genau dafür die Spielekonsole MemoreBox entwickelt. Zwei Jahre lang wurde diese in Berliner und Hamburger Pflegeeinrichtungen erprobt und von der Humboldt Universität evaluiert. Das Resultat: Die Stand- und Gangsicherheit der Pflegeheimbewohner, die regelmäßig mit der MemoreBox gespielt hatten, wurde gestärkt, Motorik-, Ausdauer und Koordinationsfähigkeiten verbesserten sich. Darüber hinaus belebte das Spielen mit der MemoreBox das Miteinander im Heim, da auch die Beschäftigten und Angehörigen einbezogen wurden. "Die guten Ergebnisse aus dem Pilotprojekt waren für die Barmer der Anlass, die MemoreBox bundesweit in Senioren- und Pflegeheimen einzuführen. Für diese zweite Projektphase fällt heute der Startschuss für Baden-Württemberg", sagt Barmer Landesgeschäftsführer Winfried Plötze bei der Vorstellung des Projekts im Stuttgarter "Haus am Weinberg", einer Seniorenwohnanlage des Wohlfahrtswerks für Baden-Württemberg.
Über die MemoreBox möchte die Krankenkasse die Gesundheit der Pflegeheimbewohner stärken und gesundheitsförderliche Strukturen in Alten- und Pflegeeinrichtungen aufbauen. Bundesweit sollen dieses Jahr 100 Pflegeheime mit der MemoreBox ausgestattet werden, der Einsatz der Konsole wird wieder wissenschaftlich begleitet und evaluiert. In Baden-Württemberg ist die MemoreBox derzeit in neun Pflegeeinrichtungen im Einsatz, die Barmer fördert das Projekt im Rahmen des Präventionsgesetzes. Die Schirmherrschaft hat Bärbl Mielich MdL übernommen, Staatssekretärin im Ministerium für Soziales und Integration Baden-Württemberg. "Der Einsatz digitaler Technologien in der Pflege kann zu einer besseren Lebensqualität beitragen. Wir wollen eine Balance zwischen menschlicher Zuwendung und sinnvollem Einsatz moderner Technik im Bereich der Pflege. Die MemoreBox ist ein gelungenes Beispiel dafür, wie Menschen spielerisch beim Erhalt ihrer Fähigkeiten unterstützt werden können und kann so ein weiterer Baustein in einer umfassenden und guten pflegerischen Infrastruktur in Baden-Württemberg sein", so Mielich.
Virtuell Kegeln und Motorradfahren
Die MemoreBox beinhaltet sechs therapeutische Gesundheitstrainings in Form von Videospielen wie Tanzen, Singen, Kegeln oder Tischtennis. Diese fördern die geistige und körperliche Fitness gleichermaßen. So trainiert das Spiel Briefträger den stabilen Gang und die Armbewegung, Motorradfahren fördert die Aufmerksamkeit und trainiert die Gewichtsverlagerung. Die MemoreBox kann an jeden Fernseher angeschlossen werden und wurde so entwickelt, dass die Technik besonders leicht zu bedienen ist. Die Steuerung funktioniert allein über Gesten. Beim Kegeln ist zum Beispiel nur eine leichte Armbewegung notwendig, um auf einer virtuellen Bahn im Stehen oder Sitzen die Kugel ins Rollen zu bringen und auf alle Neune zu zielen. Beim Motorradfahren können die Spieler nur durch Gewichtsverlagerung im Sitzen, etwa vom Rollstuhl aus, ein Motorrad lenken. "Videospiele in Alten- und Pflegeheimen sind kein Widerspruch. Menschen haben einen natürlichen Spieltrieb. Diesen zu nutzen, um sich gemeinsam quasi nebenbei gesund zu halten, das war die Gründungsidee hinter RetroBrain, und funktioniert in jedem Alter", sagt Manouchehr Shamsrizi, Gründer und Mitglied des Beirats von RetroBrain R&D GmbH.
Haus am Weinberg in Stuttgart mit ersten Erfahrungen
Die Trainings der MemoreBox integrieren verschiedene therapeutische Elemente, die basierend auf Erkenntnissen aus Geriatrie, der Neuropsychologie sowie der Physio- und Musiktherapie entwickelt wurden. Im Haus am Weinberg in Stuttgart-Obertürkheim ist die Konsole seit dem Jahr 2018 im Einsatz. Dort leben 130 Seniorinnen und Senioren, darunter Pflegebedürftige, aber auch rüstige Rentner. "Die MemoreBox kommt bei unseren Senioren sehr gut an, weil sie motorisch leicht zu bedienen und mit ansprechender Musik ergänzt ist. Ein Vorteil gegenüber anderen Konsolen ist, dass sie sich individuell auf die Fähigkeiten der spielenden Person einstellt und es deshalb keine schlechten Bewertungen gibt. So kommt die Spielfreude automatisch", berichtet Elisabeth van Geenen, Leiterin des Sozialen Betreuungsdienstes und stellvertretende Hausleitung im Haus am Weinberg.