Bartholomä, 11. Oktober 2022 – Im Ostalbkreis sind überdurchschnittlich viele Kinder adipös, sprich fettleibig. Die psychischen Erkrankungen haben während der Pandemie zugenommen und es sind vor allem Jungen und Mädchen aus prekären Verhältnissen, die gesundheitlich belastet sind. Das sind Erkenntnisse der Expertinnen und Experten aus der Region, die sich auf Einladung der Barmer und des Landratsamtes beim dritten Talk am Tisch in Bartholomä über Kindergesundheit ausgetauscht hatten.
So ist im Ostalbkreis laut Daten der Barmer eines von 1.000 Kindern im Alter bis elf Jahren adipös. "Das klingt nicht dramatisch. Aber dieser Wert liegt 210 Prozent über dem Bundesdurchschnitt. Und die Übergewichtigen sind in dieser Statistik gar nicht erfasst worden", so der Landesgeschäftsführer der Barmer in Baden-Württemberg, Winfried Plötze. Schon Kinder müssten lernen, wie wichtig regelmäßige Bewegung und eine gesunde Ernährung seien. Denn Übergewicht und Fettleibigkeit seien mehr als nur ein paar Kilos zu viel auf den Hüften.
Bluthochdruck und Typ-2-Diabetes schon im Kindesalter
Adipöse Kinder würden unter Mobbing und Ausgrenzung leiden, so Plötze weiter. Außerdem könnten sie Krankheiten entwickeln, die normalerweise erst im Erwachsenenalter bei ungesunder Lebensführung auftreten. Etwa Typ-2-Diabetes, Fettstoffwechselstörungen und Bluthochdruck. "Kinder aus prekären Verhältnissen sind häufiger übergewichtig und adipös. Deshalb fördert der Ostalbkreis mit Unterstützung des baden-württembergischen Sozialministeriums Projekte, die zur Armutsprävention und Armutsbekämpfung in der Region beitragen. Dadurch wollen wir auch die gesundheitliche Chancengleichheit fördern", so der Landrat des Ostalbkreises, Dr. Joachim Bläse. Die Barmer unterstützt die gesunde Ernährung von Kita- und Grundschulkindern durch ihre Initiative 'Ich kann kochen!' In kostenlosen Schulungen vermitteln die Krankenkasse und die Sarah Wiener Stiftung pädagogischen Fach- und Lehrkräften alles Wissenswerte über das gesunde Kochen mit Kindern.
Coronapandemie belastet die Gesundheit von Kindern
Die Coronapandemie habe die Gesundheit einiger Jungen und Mädchen zusätzlich belastet. Vor allem bei armutsgefährdeten und Kindern mit Migrationshintergrund hätten fehlende Sozialkontakte, Bewegungsmangel, zerrüttete Familien und eine schwindende Erziehungskompetenz der Eltern Spuren hinterlassen, berichteten Teilnehmende beim Talk am Tisch. So hätten sich psychische Erkrankungen wie Angststörungen laut Dr. Jens Retzlik, Chefarzt der Kinder- und Jugendpsychiatrie an der St. Anna-Virngrund-Klinik in Ellwangen, verdoppelt. Und jedes sechste Kind gehe laut Manfred Pawlita, dem Vorsitzenden des Sportkreises Ostalb, pandemiebedingt nicht mehr zum Vereinssport. "Das ist eine dramatische Entwicklung, denn Bewegung ist der Motor für die kindliche Entwicklung", sagt Kristina Abele, Leiterin der SportKiTa Wirbelwind in Aalen. Deshalb gebe es in der Kita Wirbelwind jeden Tag eine 45-minütige Sporteinheit für die Kleinen, unter Anleitung von entsprechend qualifizierten Erzieherinnen und Erziehern. Es müsse mehr pädagogische Einrichtungen geben, die die Kindergesundheit im Fokus haben, so die Diskussionsteilnehmenden des dritten Talks am Tisch unisono. Und diese müssten bekannt gemacht werden. Getreu dem Motto: Tue Gutes und rede darüber. Grundsätzlich gebe es im Ostalbkreis Angebote zur Förderung und zum Erhalt der Kindergesundheit. Doch damit erreiche man nur schwer die Zielgruppe. "Präventionsangebote werden meistens von denjenigen in Anspruch genommen, die es gar nicht nötig haben. Das betrifft nicht nur Kurse zur Förderung der Kindergesundheit. Dieses Präventionsparadoxon ist ein grundsätzliches Problem", so Barmer-Landeschef Winfried Plötze.