Eine Ärztin berät einen Patienten über individuelle Gesundheitsleistungen (IGeL-Leistungen).
Arztbesuch und Behandlung

Individuelle Gesundheitsleistungen – Kosten, Nutzen und medizinische Notwendigkeit

Lesedauer unter 11 Minuten

Redaktion

  • Ludwig Janssen (aHa-Texte Köln)

Qualitätssicherung

  • Stefan Daumen (Abteilung Ambulante Versorgung)

Die Medizin bietet einiges, was zwar wünschenswert, aber nicht medizinisch notwendig ist. Dazu zählen die Individuellen Gesundheitsleistungen (IGeL).

Individuelle Gesundheitsleistungen, kurz IGeL, sind medizinische Leistungen, die nicht notwendig sind. Dazu gehören zum Beispiel reise- oder sportmedizinische Beratungen, Schönheitsoperationen, die Entfernung von Tätowierungen, aber auch andere bestimmte Untersuchungen. Sie werden von den Krankenkassen nicht erstattet.

Für Patientinnen und Patienten ist es zuweilen schwer, den Nutzen von Individuellen Gesundheitsleistungen zu beurteilen. Vor der Erbringung solcher Leistungen müssen Sie deshalb über die Kosten und den möglichen Nutzen aufgeklärt und beraten werden, sodass Sie sich dafür oder dagegen entscheiden können (Aufklärungspflicht).

Was sind IGeL-Leistungen?

Individuelle Gesundheitsleistungen sind ärztliche Leistungen, die nicht Teil des Leistungskatalogs der gesetzlichen Krankenversicherung (GKV) sind. Neben wenigen therapeutischen gibt es sehr viele diagnostische Leistungen.

Nach Definition der Kassenärztlichen Bundesvereinigung sind Individuelle Gesundheitsleistungen solche Leistungen, die von Patientinnen und Patienten nachgefragt werden, ärztlich empfehlenswert oder aufgrund des Patientenwunsches ärztlich vertretbar sind.

Wissenschaftlich nicht abgesichert

Eine Empfehlung ist aber nicht gleichzusetzen mit medizinischer Notwendigkeit oder wissenschaftlich abgesicherter Qualität. Die zusätzlichen IGeL-Angebote unterliegen nicht der gleichen strengen Qualitätskontrolle wie der Leistungskatalog der gesetzlichen Krankenkassen. Bei diesem entscheidet der Gemeinsame Bundesausschuss (G-BA) über Art und Umfang von Therapien sowie die Einführung neuer Untersuchungs- und Behandlungsmethoden, deren dann von den gesetzlichen Krankenkassen übernommen werden.

Der G-BA setzt sich aus einer gleichen Anzahl von Krankenkassen- und Ärztevertretern zusammen. Ergänzt wird der Ausschuss um drei unparteiische Mitglieder. An den Beratungen nehmen auch Patientenvertreter teil. Entscheidungen des G-BA gelten für alle gesetzliche Krankenkassen.

Der persönliche Nutzen der IGeL-Leistung ist entscheidend

Entscheidend ist in jedem Fall der persönliche Nutzen, den eine IGeL-Leistung einer Patientin/einem Patienten bieten kann. Für die meisten der als IGeL-Leistung angebotenen Untersuchungen ist keineswegs sicher, dass sie mehr Nutzen als Sicherheit nach sich ziehen. Dies gilt ganz besonders für so genannte Vorsorge-Untersuchungen.

Welche IGeL-Leistungen gibt es?

Zusatzangebote ohne Krankheitsverdacht

Einige Zusatzangebote können IGeL-Leistung sein, wenn sie auf Wunsch der Patientin/des Patienten und ohne dass ein Krankheitsverdacht besteht, durchgeführt werden. Hierzu zählen u.a.:

  • Augeninnendruckmessung (Glaukom-Früherkennung)
  • Ultraschalluntersuchung zur gynäkologischen Krebsfrüherkennung (Gynäkologischer Sono-Check)
  • Zusätzliche Ultraschalluntersuchungen während der Schwangerschaft (Baby-TV)
  • Prostatakarzinom-Screening (PSA-Bestimmung)
  • Knochendichtemessung (Osteodensitometrie)

Weitere Zusatzangebote

  • Ästhetische Operationen (Facelifting, Lidkorrektur, Fettabsaugung und anderes)
  • Entfernung von Tätowierungen
  • Ärztliche Bescheinigungen für spezielle Fälle außerhalb der Pflichten als Kassenarzt, zum Beispiel für einen Reiserücktritt
  • Sportmedizinische Beratung
  • Reisemedizinische Beratung, einschließlich Impfberatung und Impfung 

Häufig nachgefragte IGeL-Leistungen und Ihr Nutzen

Hinweise: So IGeLn Sie richtig

Falls Sie sich für eine bestimmte IGeL-Leistung interessieren, informieren Sie sich möglichst schon vor einem Arztbesuch über diese Methode.

Eine Checkliste mit wichtigen Fragen hilft bei der Einschätzung weiter

Eine Checkliste mit Fragen an Ihre Ärztin oder Ihren Arzt kann bei der Entscheidung für oder gegen eine individuelle Gesundheitsleistung helfen.

  • Worin liegt der persönliche Nutzen der Leistung für mich?
  • Ist das Verfahren wissenschaftlich belegt? Sind der diagnostische und therapeutische Nutzen nachgewiesen?
  • Gibt es wissenschaftliche Studien, die ein längeres Leben oder mehr Lebensqualität für die Teilnehmer der Untersuchung oder Behandlung belegen?
  • Welche Risiken hat die Methode? Wie hoch sind diese?
  • Welche Konsequenzen ergeben sich aus dem Untersuchungsergebnis?
  • Was bedeutet ein positives Testergebnis? Welche weiteren Untersuchungen oder Behandlungen können erfolgen? Haben diese besondere Risiken?
  • Gibt es Alternativen, eventuell auch welche, die die Krankenkasse bezahlt? Worin unterscheiden sich die beiden Methoden?
  • Was kostet die IGeL-Leistung?

Lassen Sie sich mit Ihrer Entscheidung Zeit - wir beraten Sie gerne

Individuelle Gesundheitsleistungen sind niemals dringend. Wenn Ihnen während des Arztbesuchs in der Praxis eine IGeL-Leistung empfohlen wird, erbitten Sie sich Bedenkzeit. Lassen Sie sich gegebenenfalls von unabhängigen Experten im 

Portal der Verbraucherzentralen

 oder der gemeinnützigen 

Unabhängige Patientenberatung Deutschland

 beraten.

Wir sagen Ihnen, ob die gewünschte Leistung in Ihrer individuellen Situation von der Krankenkasse übernommen wird. Melden Sie sich gerne über unsere kostenfreie Servicehotline 0800 333 10 10 bei uns. Unser Barmer-Teledoktor berät Sie außerdem gerne, wenn Sie sich unsicher sind, ob Sie eine IGeL-Leistung in Anspruch nehmen wollen. 

IGeL-Vereinbarung zwischen Arzt und Patient

Vor Inanspruchnahme einer IGeL-Leistung sollten Ärztin bzw. Arzt und Patient unbedingt eine schriftliche Vereinbarung treffen.

Umfassende Aufklärung

Ärzte müssen vorher umfassend über eine IGeL-Leistung aufklären. Sie müssen den Patienten erklären, warum die Krankenkasse die Kosten nicht übernimmt. Ferner müssen sie die Leistung genau beschreiben und das voraussichtliche Honorar in Euro beziffern.

Auf Wunsch des Patienten

Lehnen Sie ein IGeL-Angebot ab, kann die Ärztin/der Arzt keine schriftliche Erklärung über das ausgeschlagene Angebot von Ihnen fordern. In der Vereinbarung muss die Patienten ausdrücklich erklären, dass sie die Leistung wünschen und wissen, dass sie diese selbst bezahlen müssen. Denn: Individuelle Gesundheitsleistungen werden außerhalb der vertragsärztlichen Versorgung erbracht. Sie müssen von den Patienten privat bezahlt werden. Eine Kostenerstattung kommt nicht in Frage.

Die Rechnung

Die Rechnung muss auf Basis der amtlichen Gebührenordnung für Ärzte (GOÄ) gestellt werden. Die Ärzte können die darin enthaltenen Gebührensätze mit einem Steigerungssatz multiplizieren. Dieser darf bei 1,8 oder 2,3 und höchstens bei 3,5 liegen.

Die Rechnung sollte alle Einzelleistungen enthalten, einschließlich der jeweiligen GOÄ-Abrechnungsziffer, des Steigerungssatzes und des sich daraus ergebenden Euro-Betrags.

IGeL-Monitor des Medizinischen Dienstes: IGeL-Liste für weitere Informationen

Individuelle Gesundheitsleitungen auf dem Prüfstand. Im Portal IGeL-Monitor des Medizinischen Dienstes des Spitzenverbandes Bund der Krankenkassen e.V. (MDS) finden Sie Bewertungen einzelner Igel-Leistungen auf Grundlage wissenschaftlicher Kriterien, zum Beispiel zur professionellen Zahnreinigung oder der Colon-Hydro-Therapie. Den IGeL-Monitor erreichen Sie unter www.igel-monitor.de.

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