Heidi Günther, Apothekerin bei der Barmer:
Viele kennen die Geschichte aus der Bibel, in der die Heiligen Drei Könige dem neugeborenen Jesuskind Weihrauch, Gold und Myrrhe als Geschenke mitbringen. Was hingegen nur Wenige wissen, diese Geschenke waren in der damaligen Zeit nicht nur sehr wertvoll, sondern galten auch als besonders wirksame Arzneimittel. Und tatsächlich spielen vor allem Weihrauch und Myrrhe auch heute noch eine Rolle in der Medizin, überwiegend in der Alternativmedizin. So wird dem Harz des Weihrauchbaums eine entzündungshemmende Wirkung zugeschrieben, die inzwischen auch wissenschaftlich untersucht wird. Und zwar mit Erfolg. So konnten etwa deutsche Forscher von der Friedrich-Schiller-Universität Jena aufzeigen, an welcher Stelle die für die Wirkung des Weihrauchharzes verantwortlichen Inhaltsstoffe, die sogenannten Boswelliasäuren, in das Entzündungsgeschehen des Körpers eingreifen. Da die Forschung jedoch erst am Anfang steht, sind in Deutschland bislang keine weihrauchhaltigen Arzneimittel zugelassen. Es gibt allerdings entsprechende Nahrungsergänzungsmittel wie Weihrauchkapseln, Weihrauchtabletten oder Weihrauchbalsam sowie homöopathische Zubereitungen. Sie können zur begleitenden Behandlung von Rheuma (Rheumatoider Arthritis) und chronisch-entzündlichen Darmerkrankungen (wie Morbus Crohn, Colitis ulcerosa) genutzt werden. Auch die Kosmetikindustrie setzt auf die entzündungshemmende Wirkung und bietet Weihrauch-Creme oder Weihrauch-Balsam etwa für trockene, gereizte Haut an.
Inzwischen ist ebenso Myrrhe in den Fokus der Wissenschaft gerückt. Heute weiß man, dass ihre Inhaltsstoffe eine desinfizierende, wundheilende und fiebersenkende Wirkung haben. Dieser Effekt scheint bei Schleimhäuten besonders wirkungsvoll, weshalb das Arzneimittel hauptsächlich bei Entzündungen des Zahnfleisches und der Mundschleimhaut eingesetzt wird. Beliebt sind beispielsweise Mundspülungen oder Einreibungen mit Myrrhe bei Zahnfleischbluten. Auch in vielen Zahnpasten ist sie enthalten. Zukünftig könnte Myrrhe ebenfalls zur Behandlung von chronischen Darmerkrankungen genutzt werden. Aktuelle Forschungen an der Universität Leipzig zeigen, dass das Harz eine spasmolytische, also krampflösende, Wirkung hat. Hinzu kommt ein hoher Anteil von Bitter- und Gerbstoffen, die ebenfalls beruhigend auf die Verdauung wirken.